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  Über den Wolken

   »Nur Fliegen ist schöner«, heißt ein Spruch in der Werbung. Zugegeben, die Fliegerei wäre auch ein Hobby nach  meinem Geschmack. Aber leider nicht nach meinem Geld beutel. Gegenüber den bei der Fliegerei entstehenden Ko sten bekomme ich von meinem Arbeitgeber am Monatser sten gerade mal ein Taschengeld. In bezug auf Flugkapitän  kann ich da nur die Fliege machen.

    Doch auch das teuerste Hobby kann heute mit dem  schmälsten Taschengeld Wirklichkeit werden. Es lebe der  PC! Flugsimulatoren sind die Lösung für solch Kleinstver diener wie mich.

    Ich meine jetzt natürlich nicht diese Flugabwehrballer spiele, wo man mit dem Joystick, gerade mal rauf - runter, rechts - links. Raketenfeuer, Flak und Staniolstreifen bewegen kann.

    Ich meine die echte Simulation eines Verkehrsflugzeugs in Bits und Bytes gebannt. Mit Trimmung, Gemischeinstellung, Vergaservorwärmung und Propellereinstellung. Wind und Wetter, Strömungsabriß und Beschleunigungskräfte. Querwindkomponente und Fliehkraft, Sinkrate und Luftdruck müssen berechnet, beachtet und kontrolliert werden. Auf meinem Bildschirmcockpit finden sich neben Drehzahl-, Öldruck- und Höhenmesser noch Kreiselkompaß, Variometer, Transponder und wer weiß was sonst noch alles für Lämpchen und Zeiger. Eben alles so, wie im wirklichen Luftleben.

     Solch ein Flugsimulator soll mitunter so präzise sein, daß man ihn zur Pilotenausbildung einsetzt.

     Nachdem ich mich auf meinem Schreibtischstuhl angeschnallt habe, checke ich die Instrumente. Es dauerte lange, bis ich wußte, was wo war und warum. Einige Abstürze hat mich das Fliegenlernen schon gekostet. Aber mittlerweile kriege ich den Vogel einigermaßen in die Luft.

    »Request for Liftoff« funktippe ich an den Tower, wäh rend ich aus dem Hangar ins Freie rolle. Endlich ist die  Startbahn frei, Leistung und Steuerknüppel vor, tauche ich  ein ins tiefe Blau. Ich kann fliegen, frei wie ein Vogel im  Wind. Vergessen sind die Sorgen, die unerledigte Post, die Aktenberge und das gerade klingende Telefon, während ich simulierend die Golden-Gate-Bridge in San Franzisco überfliege. »Nur Fliegen ist schöner.«

    Seit meiner Fliegerei merke ich allerdings auch, wie  wichtig das mit der Orientierung ist. Mit bloßem Magnet kompaß kann man keinen Zielflughafen ansteuern. Funkpeilgerät und Distanzmeßgerät gehören zur Standardaus stattung jedes Fliegers wie die Klingel zum Fahrrad. Wäh rend so eines Fluges geht unheimlich viel Zeit für die  Orientierung verloren. Nichts ist schlimmer, als ins Unbe kannte zu fliegen, bis man das letzte Tröpfchen Kerosin verpropellert hat, und Tankstellen sind am Himmel be kanntlich rar. Darum muß der Kurs ständig berechnet, angepeilt und mit den Flugkarten verglichen werden.

    Zu diesem Zweck ist unser Planet mittlerweile übersät mit UKW-Drehfunkfeuern, sogenannten VOR-Stationen. Das sind die Leuchttürme des Luftfahrtzeitalters, die nun statt Lichtstrahlen unterschiedlichste Funksignale durch die Gegend blitzen. Hat man zwei dieser Stationen angepeilt und bestimmt, kann man mit Hilfe der Flugkarte auf die eigene Position zurückschließen und erneut das Flugziel anpeilen. Ebenso gibt es Landekurssender fürs Instrumentenlandesystem (ILS). Aber genug der Kurzeinführung in die Flugnavigation.

     Jedoch ist das alles und einiges mehr nötig, um zu wissen, ob man noch auf Kurs ist. Wenn man hier fit ist, kann man auch durch Wolkensuppe sein Ziel finden und auch bei Bodennebel sicher landen. Fliegen ist einfach, Navigation ist schwierig. Mit dem Vogel ein paar Kapriolen schlagen, Schleifchen an den Himmel fliegen. Sturzflug nach unten, Purzelbaum - das ist alles schön und gut. Aber wer ankommen will, braucht Orientierung.

    Leben ist einfach, Navigation und Orientierung ist schwierig.

    Manchmal bin ich neidisch auf die sogenannten Lebenskünstler. Die machen im Leben vor staunendem Publikum ihre Kunststückchen am immerblauen Lebenshimmel. Sie ziehen lange Kondensstreifen hinter sich her. Selbst der steilste Sturzflug nach unten wird von ihnen 30 Meter vor  »Schrotthaufen« abgefangen und mit einem rasanten Karrieresteilflug abgeschlossen. Sorgloses Leben ins Blaue hin ein.

    Aber Gott möchte nicht nur, daß wir leben. Er möchte,  daß wir ankommen bei ihm. Daß wir eines Tages am Ziel  unseres Lebens sicher bei ihm landen. Dazu brauchen wir  Orientierung, Navigation. Deshalb hat Gott ein Netz von Funkfeuern aufgebaut, die mir helfen, durch Nebel und schlechte Sicht trotz all der Störfunkfeuer in der Orientierungslosigkeit unserer Zeit bei ihm aufzusetzen.

    Genau das sind die Gebote: Orientierungsmarken, Drehfunkfeuer, die uns die Position und Richtung anzeigen. Mit seinen Geboten will Gott uns nicht knechten. Er will uns damit nicht in die Suppe spucken und uns den Spaß verderben. Er will, daß wir sicher ankommen. Gebote sind keine Belastung, sondern Orientierung. Darum freuen sich die Menschen im Alten Testament so sehr über die Gebote Gottes. »Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich sinne ich ihm nach«, sagen sie (Psalm 119,97). Endlich haben sie Orientierung, können sicher durchs Leben navigieren. Und darum bitten sie Gott: »Öffne mir die Augen, daß ich sehe die Wunder an deinem Gesetz. Ich bin doch nur ein Gast auf Erden; verbirg deine Gebote nicht vor mir« (Psalm 119,18-19). »Schaff die Drehfunkfeuer nicht ab, sonst fliege ich hilflos ins Leere.«

     Orientierung ist notwendig. Man lerne also auch von einem Flugsimulator fürs echte Leben.