Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu Nehemia 10

erstellt von Michael Strauch


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1. Einleitende Bemerkungen

2. Kurze Gliederung

3. Exegetische Bemerkungen

1. Einleitende Bemerkungen

Ich stehe solchen Verpflichtungen sehr gespalten gegenüber. Auch ich habe oft gemeint, ich müsse für diese oder andere Sache zum "Promise-Keeper" werden vor Gott. Wie nahe liegt es, sich durch Gelöbnis, Versprechen und festes Vorhaben vor Gott zu verpflichten. Aber ich gebe meinem Herrn recht, daß all mein gut gemeinter Wille nicht lange reicht. In der Zeit Nehemias mußten solche Wege eingeschlagen werden. In unserer Zeit meine ich gilt es mehr denn je, die Begegnung mit Gott zu suchen. Zu hören auf die Stimme seines Geistes, sich von ihm prägen zu lassen in der Stille und das Erkannte jeden Tag neu umzusetzen. Das Buch Nehemia aber - und das tritt für mich deutlich hervor - stellt klar: es ist nicht damit getan, daß der Christ sich einmal im Leben bekehrt hat. Sondern es muß immer wieder eine Metanoia stattfinden, eine Sinnesänderung, eine Umkehr vom falsch eingeschlagenen Weg. Und diese Buße wird immer praktisch sein, sich Gott zu wenden und dem Nächsten Gutes tun. Alle frommen Übungen und Lasten werden hohl, gefühlsduselig und selbstgerecht, wo wir auf dem "Weg nach Jerusalem" den Erschlagenen auf dem Wege nicht verbinden. Diese Frömmigkeit ist gefährlich, weil pharisäisch. Sie sucht nicht Gott, sondern sich selbst.

2. Kurze Gliederung

3. Exegetische Bemerkungen Wo ist Esra? In Kap 8,2 finden wir ihn noch bei der Lesung aus dem Pentateuch. Doch in Kapitel 9 beim Bußgebet und bei diesem wichtigen, geradezu theologischen "Abschluss" (Neh 10) hören wir nichts von ihm. Auch hören wir nichts mehr davon, daß Esra "Richter und Rechtspfleger" (Esra 7,25) einsetzte, die darauf achten sollten, daß Gottes Gesetz gehalten wird. Hat Esra seine Mission nicht erfüllen können? Blieb sein Reformprogramm Stückwerk? Esra hat getan, was er konnte. Gott schenkte zu vielem Gnade und Gelingen. Doch wie so oft in der Geschichte Israels helfen keine Gelübde und Eide gegen den Starrsinn des Menschen. Wir finden Esra im Kampf gegen die Vermischung der Juden mit den heidnischen Frauen und Männern (Esra 10/Neh 9). Dieser Kampf scheint erfolgreich abgewendet zu sein, doch wir wissen von Nehemia 13, daß andere Misstände schnell Einzug gehalten haben. Ich vermute darum, daß Esra nach Babel zurückbeordert wurde, während Nehemia das Werk Esras weiterführt. Gedanke: Das mag viele trösten, die mit großem Einsatz Kraft, Zeit und Geld in den Dienst der Gemeinde stecken und sich am Schluss fragen: was hat es gebracht? Was hat sich wirklich zur Ehre Gottes getan? Wir mögen noch so begabt sein, noch so viel Einsatz zeigen: wichtig ist, ob ich den Weg gegangen bin, den Gott mit mir gehen wollte. Der Erfolg ist nebensächlich und rostet schnell. Wie blinkender Stahl leuchtet er für eine Weile auf im Sonnenschein des Ruhms, doch dann befällt ihn mit den Jahren der Rost. Nicht der Applaus der Christenheit kann mein Motiv sein, nicht ein Denkmal in der Stadt Jerusalem, sondern allein Gottes Wohlgefallen soll mein Motor sein. Ihm möchten wir gefallen und sein Lob wiegt vielfach schwerer und bleibt beständig als alle menschliche Anerkennung. Nehemias Weg liegt darin, das Volk auf Gott zu verpflichten. Das war auch Ziel Esras. Und stellt Nehemia einen Acht-Punkte-Plan auf. Eine Art Extrakt aus dem mosaischen Gesetz, wleches die Fürsten, die Leviten und Priester, dann auch das ganze Volk unter Eid annehmen, beachten und tun sollen. Wie sieht dieser Acht-Punkte-Plan aus?

  1. Keine Mischehen! (Vers 31) Gottes Volk ist heilig. D.h. Gott gehörig. Von Gott erwählt zum für eine besondere Aufgabe in der Heilsgeschichte der Menschheit. Wie oft haben fremde Frauen heilige Männer zu fremden Göttern bekehrt und umgekehrt nicht weniger? Keine Mischehen spricht nicht dem Rassismus das Wort. Im Gegenteil. Es ist die Liebe Gottes zu den Völkern. Denn Gottes Volk - dem Herrn treu und wohlgefällig - sollte aus dieser Position den Völkern das Heil bringen.
  2. Heiligung des Sabbaths (V.32a) und aller Festtage. Keine "offenen Läden am Sonntag". Gottes Sabbathruhe ist aus der Schöpfungsordnung erwachsen und gehört zum "Biorythmus" des Menschen. Gerade der Handel - und damit verbunden Besitz, Gewinnmaximierung, Ertragssteigerung um jeden Preis, Importe und Exporte kennen kein Ende, sind immer auf Wachstum angelegt. Darum muß der Gläubige willentlich diesen Druck durchbrechen und Gottes gute Ordnungen einhalten. Der Mensch braucht Ruhe und Ausgleich.
  3. Das Prinzip der Diakonie.(V.32b). Es ist von großem Interesse, welche Auswahl Nehemia aus den Gesetzesbüchern des Mose trifft. Fest verankert im Willen Gottes ist für ihn die diakonische Tat oder der Akt der Nächstenliebe. Wer bisher meinte, er könne sich ausruhen, weil er einen gläubigen Ehepartner hat und am Sonntag in den Gottesdienst geht, der wird spätestens hier gefordert. Es geht darum, daß "Sabbathjahr" zu beachten. Das bedeutet konkret, daß alle sieben Jahre der Acker brach liegen soll. Was darauf von selber wächst, gehört denen, deren Geldbeutel schmäler ist (2Mose 23,10f) und in diesem Jahr sollen die Gläubiger ihren Schuldnern ihre finanziellen Lasten (oder materiellen) erlassen.
  4. Nehemia führte die Tempelsteuer wieder ein (V.33). Diese Tempelsteuer spricht nicht der "Kirchensteuer" das Wort. Denn diese Steuer wird von einem Volk erhoben, das geschlossen Gottes Willen bejaht. Es handelt sich also um eine Art Mitgliederbeitrag. Diese Abgaben werden jährlich geleistet. (V.33/2Mose 30,11ff).
  5. Morgens und Abends wurden Brandopfer Gott dargebracht. Man kann sich lebhaft vorstellen, wieviel Holz dabei verbraucht wurde. Zur Beschaffung des Brennholzes wurden die Sippen beauftragt. Die Reihenfolge bestimmte das Los.
  6. Jedes Jahr wurde "Erntedank" gefeiert. Das Volk Israel folgt hier einem heilsgeschichtlichen Grundsatz: das Erste und Beste gehört Gott. In diesem Fall das Erste von "Feld und Garten.
  7. Im zweiten Fall Mensch und Vieh. Dabei wurden statt der Söhne und Töchter durch Tiere ausgelöst (2Mose 13,2.12.13). Gott, der Vater löste die Menschheit nicht mit einem Tier. Er gab seinen größten Schatz, seinen Sohn. Dieser stellte sich unter dieses Gesetz und gab mehr als den Ersten, er opferte sich selbst. Mehr als das Leben kann auch der Mensch Gott nicht anbieten.
  8. Zum Schluß Beitragszahlungen für die Vollamtlichen. Brot, Wein und Öl und die Abgabe des Zehnten für die, die Gott aus den normalen Berufen herausgenommen hat, damit sie ihm im Tempel Gottes dienen.

Wir fassen die wesentlichen Bestandteile dieser Gemeindeordnung zusammen: Keine Ehebindungen zwischen gläubigem Juden und Heiden. Festhalten an der "Ruhe Gottes". Sabbath, geistliche Festtage etc. Diakonischer Umgang miteinander. Wer viel hat, gebe dem, der wenig hat. Tempel, Gottes und Opfer und die Sorge um die vollamtlichen Mitarbeiter. Gedanke: Nehemia verpflichtete das Volk auf einige praktische Punkte des mosaischen Gesetzes. Es handelte sich um Dinge, die man "leisten kann". Warum Nehemia diese Auswahl traf, bleibt ihm überlassen. Aber es war vermutlich weise, denn das ganze Gesetz zu halten ist nicht möglich und frustriert. Auch alle christlichen Gruppierungen extrahieren für sich Bereiche, die sie besonders wichtig finden und andere nicht. Jede Gruppierung legt irgendwo ein Schwergewicht. Die einen auf viel Gebet, die anderen auf die Taufe, auf den Empfang des Heiligen Geistes mit Zungenrede u.s.w. All das darf sein. Doch oft werden Dinge hervorgehoben, die man einmal tut (Taufe in jeder Form) oder in regelmäßigen Abständen tut. Oft handelt sich um theoretische Momente wie Gottesdienst, Hauskreise, geistliche "Events". All diese Dinge sind auch von Nehemia als unbedingt wichtig erachtet worden. Praktisch wird es allerdings oft nur, wenn es um die Mission geht. Was sehr oft außen vor bleibt, ist die Diakonie in menschlicher und materieller Hinsicht. Fest veranktert hat Nehemia den Gedanken der Spende und des Gott wohlgefälligen Umgangs mit dem Nächsten. Jeder Christ muß begreifen lernen, daß der geistliche Dienst von Kirche, Gemeinschaft und damit verbunden der Vollamtlichen Kosten verursacht. Es ist nicht damit getan, wenn man meint, der Vollamtliche lebt vom "Gotteslohn". Er steht unter Gottes unbedingten Schutz und er hat ein von Gott zugebilligtes Recht auf Unterhalt durch die Gemeinde. Weiter geht es um den Umgang mit denen in der Gemeinde, die den Pfennig vielmal umdrehen müssen. Gerade Familien sind zunehmend finanziell belastet. Wieviel "Hocken und Festhalten" am Besitz findet sich doch in den deutschen, christlichen Häusern? Wie ist es möglich, daß Spendenwerke jedes Jahr so oft ins Minus rutschen und um jede Mark bitten und betteln müssen? Und das in einem der reichsten Länder der Welt? Glauben wir tatsächlich, daß wir mit Gott so umgehen können? Ach, möge das Buch Nehemia uns doch zu Herzen gehen. Es würde, würden wir es beherzigen, zu glücklicheren Menschen machen.