Psalm 73 Andacht Bibelarbeit Predigt

Warum?

„Hier siehst du allen Heiligen ins Herz“ - so hat Martin Luther über diesen Psalm gesprochen, und er hat wohl Recht mit dieser Einschätzung. Der Psalmdichter Asaph offenbart uns einen tiefen Einblick in sein ganz persönliches Ringen im Glauben. Er ist ein leidgeprüfter, frommer Mann und versucht zu verstehen, was schon viele ergründen wollten: Warum ergeht es Menschen oft so erstaunlich gut, obwohl sie nicht an Gott glauben? Asaph verhehlt nicht, dass ihn die Beschäftigung mit dieser Frage nicht nur in Glaubenszweifel gebracht, sondern ihm fast die eigene Glaubensgrundlage entzogen hat. Ja, es war wohl ein langes Ringen, und die Wende trat nicht ein durch gut gemeinte Argumente verständiger Freunde. Genauso wie der angefochtene Hiob gelangt auch Asaph allein durch das Eingreifen Gottes zu einem echten Überwinden der inneren Not. Er kann das „Dennoch des Glaubens“ sprechen, aber es ist nicht das Ergebnis eigener Überlegungen. Im Heiligtum Gottes empfängt er eine neue Sicht. Der Zweifel ist überwunden und eine neue Freude an Gott erfüllt das Herz des Psalmdichters Asaph.

1. Asaphs Anfechtung – dem Gottlosen geht es zu gut (V. 3–12)
Asaph hat genaue Vorstellungen, wie die Lebenslinien bestimmter Menschengruppen verlaufen sollten. Und so passt es ihm überhaupt nicht, wie scheinbar mühelos und unangefochten die Gottlosen ihre Tage verbringen. Weder Krankheit noch Plage bedrängen sie. Sie fühlen sich sicher und haben für Gott nur Spott übrig (vgl. V. 9+11 sowie Ps 10+Zeph 1,12; eindrücklich auch Hiob 21,7ff). Asaph missfällt es, zu erleben, wie diese gottlosen Menschen „von oben herab reden“ (so Elb.Übers.), mit ihrem Prahlen anderen Leuten imponieren und so die Massen in ihren Bann schlagen (V. 10). Ist das nicht der pure Neid, den Asaph leitet und ihn fast zum Straucheln gebracht hat? Nein, Missgunst ist es wohl nicht, dafür aber grenzenloses Unverständnis. Die ungestrafte, zügellose Lebensart des Gottlosen steht in totalen Widerspruch zu allem, was Asaph als gerecht empfindet. Ja, es passt auch nicht zu dem Bild, das er von Gott und seinem Walten in der Welt hat.

2. Asaphs Not – das Herz macht nicht mehr mit (V. 13–16)
Die Ungerechtigkeit wird für den Psalmbeter unerträglich, wenn er sein eigenes Leben mit dem des Gottlosen vergleicht. Er gibt Gott die Ehre, und dennoch bleibt der Lohn aus. Stattdessen sieht er sich täglichen Qualen ausgesetzt, die seine Glaubenszweifel nur noch vertiefen. Sollte es wirklich so sein, dass dem Frommen nur der Weg des Leides vorbehalten bleibt, während dem Gottlosen die Freuden zufallen sollen? Asaph verdrängt seine Anfragen und seine Bitterkeit nicht. Nein, sein wie die Gottlosen will er nicht (V. 15), aber zumindest verstehen können, warum Gott solches zulässt.

3. Asaph´s Wende – im Heiligtum Gottes (V. 17)
In der Nähe Gottes fällt alle Bitterkeit ab, das aufgewühlte Herz schlägt wieder ruhig und das Bild wird plötzlich klar. Die Gottlosen leben in einer Scheinwelt des Glücks. Gott offenbart Asaph, dass bald über ihnen das Unheil hereinbrechen wird und das Verderben schon beschlossen ist. Diese Einsicht verändert alles. Der Psalmdichter sieht sich selbst wieder im richtigen Licht. Er freut sich nicht über das Schicksal der Gottlosen, aber er sieht wieder Gottes Gerechtigkeit walten.

4. Asaph stimmt ein neues Lied an (V. 18-28)
Asaph verhehlt vor Gott nicht, wie töricht ihm das eigene Klagen vorkommt, wenn er es nun in der Rückschau und im Lichte des Heiligtums betrachtet. Erleichterung und Freude strahlen aus seinen Worten, sich nun wieder völlig neu seinem Herrn anvertrauen zu können. Asaph festigt seine Beziehung zu Gott und legt sich endgültig fest: „Dennoch bleibe ich stets an dir“. Damit aber nicht genug. Sein neu gewonnenes Vertrauen zum HERRN ist so groß, dass er sich anschickt, dies anderen Menschen weiterzugeben: „dass ich verkündige all dein Tun“. Er wird uns zur Anfrage und zur Ermutigung, seinem Beispiel zu folgen.

Fragen zum Gespräch:
· Welchen Blick haben wir von den Menschen, die Gott noch nicht kennen? Gibt es nicht doch Momente, wo wir sie beneiden?
· Asaph spricht offen von seinen Anfechtungen und inneren Nöten. Gibt es in unseren Gemeinschaften auch dafür Verständnis und ein offenes Ohr?
· „Ich aber wäre fast gestrauchelt“ – manche Christen wünschten, sie könnten „fast“ sagen. Wie verhalten wir uns, wenn jemand tatsächlich gestrauchelt ist?

Hermann Josef Dreßen, Malmsheim

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
· Der Psalmbeter, der frustriert und deprimiert nur Negatives sieht, erlebt „im Heiligtum“ (V. 17) einen Wechsel der Blickrichtung – hin zu Gott. Folge: V. 28. Veranschaulichung: Gesicht auf Karton vergrößern. Je nachdem, von welcher Seite man es anschaut, wirkt es fröhlich oder traurig.
· Anspiel zu V. 23: Zwei Tische mit einigem Abstand nebeneinander stellen und ein schmales Brett über den „Abgrund“ legen. Einer versucht, darüber zu gehen, hat aber Angst. Erst als ein anderer ihn an der Hand nimmt, kommt er sicher auf die andere Seite. > An Gottes Hand bin ich sicher!