Apostelgeschichte 21 Bibelarbeit Prdigt Andacht

 

Apg 21,1 A.Christlieb Von Milet nach Tyrus. Apostelgeschichte 21, 1 - 3.

Bei dieser Reisestrecke hebt der Text hervor, daß der gerade, also kürzeste und schnellste Weg eingeschlagen wurde. ,,In gerader Fahrt" (Übersetzung Menge) wurde die erste Seestrecke zurückgelegt. Sobald ein Schiff gefunden wurde, das in der gewünschten Richtung fuhr, wurde es benutzt. Die Insel Zypern, auf der Paulus den ersten Missionserfolg erleben durfte (Kap. 13, 4 - 12), wurde links liegen gelassen. Es wurde also jeder nicht unbedingt nötige Aufenthalt vermieden.

Aus einem bestimmten Grund ist diese eilige Fahrt nach Jerusalem zu beachten. Paulus hatte volle Klarheit darüber, daß in Jerusalem Bande und Trübsale auf ihn warteten (Kap. 20, 23). Unter diesen Umständen hätte es mancher nicht so eilig gehabt, sein Reiseziel zu erreichen. Die Versuchung lag nahe, im Blick auf die bevorstehenden Leiden, die Reise in die Länge zu ziehen und zu zögern, um noch so lange wie möglich die Freiheit zu genießen. Aber das tat Paulus nicht. Er glich seinem Meister, von dem es heißt: ,,Da die Zeit erfüllt war, daß er sollte von hinnen genommen werden, wandte er sein Angesicht, stracks gen Jerusalem zu wandeln" (Lukas 9, 51).

So wollen auch wir gerade da, wo ein schwerer Weg anzutreten ist, nicht hin und her schwanken, uns nicht lange mit Fleisch und Blut besprechen, sondern ,,strackes Laufes" den uns gewiesenen Weg vorwärtsgehen (Galater 1, 16). Dann sind wir in des Heilandes und des Apostels Fußstapfen (Johannes 11, 8 - 16).

 

Apg 21,3 A.Christlieb Paulus in Tyrus. Der äußere Anlaß des Aufenthalts in Tyrus. Apostelgeschichte 21, 3 b.

Der Aufenthalt des Paulus in Tyrus führte zu einem gesegneten, eine ganze Woche dauernden Besuche bei den dortigen Christen.

Wie kam es, daß Paulus, der doch so schnell wie möglich an sein Reiseziel gelangen wollte, hier verweilen mußte? Der Anlaß war ein rein äußerlicher. Das Schiff, welches Paulus mit seinen Gefährten benutzte, ,,sollte daselbst Ware niederlegen". Also das Geschäftsinteresse des Schiffsinhabers nötigte zu diesem Aufenthalt. So waren die Reisenden gezwungen, hier zu bleiben.

Man könnte dies einen Zufall nennen. Aber bei Gott gibt es keinen Zufall. Es war göttliche Vorsehung. Gott wußte, was die Gemeinde in Tyrus brauchte. Wir wollen uns an der Tatsache erfreuen, daß Gott hier geschäftliche Umstände zur Förderung seiner Gemeinde dienen läßt. Die Schiffsleitung, welche den geschäftlichen Nutzen der Fahrt im Auge haben mußte, verhalf, ohne es zu ahnen, der Christengemeinde in Tyrus zu einem inneren Gewinn.

Gott weiß Schiffahrt, Handel und allerlei Vorkommnisse zum Heil seines Volkes zu benutzen (Psalm 119, 91; Epheser 1, 11 b; Jesaja 45, 4 a).

 

Apg 21,4 A.Christlieb Gottgegebenes Licht und - eigene Gedanken. Apostelgeschichte 21, 4.

Der Ausdruck: ,,Die (Jünger zu Tyrus) sagten Paulus durch den Geist, er solle nicht hinauf nach Jerusalem ziehen" ist von manchen so verstanden worden, als hätten jene Christen auf Antrieb des heiligen Geistes Paulus von seiner geplanten Reise abgeraten. Dann hätte Paulus natürlich dieser Bitte folgen müssen, und es wäre ein falsches Bestehen auf eigenem Willen gewesen, wenn er trotzdem nach Jerusalem ging. Aber so ist es nicht. Der heilige Geist widerspricht sich niemals. Er nötigte den Apostel nach Jerusalem zu ziehen (Kap. 20, 22). Wie könnte derselbe Geist ihm von diesem Weg abraten!

Dennoch lag in den Worten jener Brüder ein von Gott gegebenes Licht. Durch Erleuchtung des heiligen Geistes hatten sie die Gefahr, welche diese Reise für Paulus mit sich brachte, erkannt. Insofern sprachen sie wirklich ,,durch den Geist", als sie Paulus auf die ihm drohende Gefahr aufmerksam machten.

(Sie stimmten hierin auch völlig überein mit allen anderen von Gottes Geist stammenden Bezeugungen über die Zukunft des Apostels, Kap. 20, 23). Nun fügten sie aber zu dieser von Gott gegebenen Klarheit ihre eigenen Wünsche und Gedanken hinzu, indem sie Paulus von der Reise abrieten. Ihre Liebe zum Apostel trieb sie an, ihn vor dem gefahrvollen Weg zu warnen. Wir haben also in den Worten der Christen von Tyrus eine Vermengung wahrer, gottgegebener Einsicht mit eigenen Wünschen und Gedanken zu sehen.

Wie oft kommt solche Vermengung vor! Wie leicht können wir dadurch anderen zur Versuchung werden und sie von der gottgewollten Linie abbringen! Hüten wir uns doch beim Empfang einer göttlichen Klarheit davor, göttliche und eigene Gedanken zu vermengen! Wir laufen sonst Gefahr, ohne es zu wollen, unbewußt falsche Ratgeber für andere zu werden (Matthäus 16, 22). (Sehet euch vor vor eurem Geist, Maleachi 2, 15).

 

Apg 21,5 A.Christlieb Wie sich Christengegner an jenem Geleit und der Gebetsvereinigung hätten ärgern können. Apostelgeschichte 21, 5.

Die betenden Christen sind von jeher der Welt ein Dorn im Auge gewesen. Die Welt hat an ihnen allezeit viel auszusetzen, teils mit Recht, teils mit Unrecht. So war es schon damals, als heidnische und jüdische Gegner auf die Jünger Jesu blickten. Die Begleitung der ganzen Christengemeinde und die Gebetsvereinigung, an der wir uns jetzt erbauen und erfreuen, hätten für einen Christengegner ein Stein des Anstoßes werden können.

Wir wollen uns einmal in die Stellung eines Christenfeindes hineinversetzen, der auf irgendeine Weise Gelegenheit bekam, jenes Geleit und die Gebetsvereinigung zu beobachten oder davon zu hören. Dreierlei hätte ihn hier ärgern und dreierlei Vorwürfe hätte er hier gegen die Christen erheben können.

1. Man konnte sich ärgern an dem Aussetzen aller täglichen Berufsarbeit.

Dadurch, daß man dem Apostel das Geleit gab, wurde die tägliche Arbeit der einzelnen Christen selbstredend unterbrochen. Sie legten für einige Stunden ihre gewohnten Berufspflichten auf die Seite. Schon daran hätte ein den Christen übelgesinnter Mensch sich ärgern können. Er hätte auf den Unterschied zwischen den eifrig schaffenden Hafenarbeitern, welche die Schiffe aus- und einluden, und diesen Betern, die nur zur Begleitung eines ihrer Gesinnungsgenossen zum Hafen wanderten, hinweisen können. Er hätte sie eine träge Gesellschaft schelten können, die lieber der Arbeit nachgehen sollte, wie andere es auch tun müßten.

Ein solcher Vorwurf wäre aber ungerecht gewesen. Man würde die Christen von Tyrus nur nach einer Stunde beurteilt haben, die offenbar eine besondere Ausnahme in ihrem gewohnten Alltagsleben bildet, denn hier handelt es sich um den Abschied des Paulus. Gewiß werden sie nachher um so eifriger ihre täglichen Pflichten auf sich genommen und erfüllt haben.

So gibt es auch heute noch besondere Anlässe, wo es wahrlich nicht Faulheit und Trägheit ist, wenn Christen ihre Berufsarbeit unterbrechen. Auch der Besuch irgendeiner innerlich fördernden und Ewigkeitssegen einbringenden Veranstaltung oder Versammlung kann mit dazu gehören.

2. Man konnte sich ärgern an der Wahl des Gebetsortes.

Man hört bisweilen das Wort: Das Gebet gehört ins Kämmerlein. Wer an anderen Orten betet, gleicht den Pharisäern, die auf Straßen und öffentlichen Plätzen ihre Gebete verrichteten (Matthäus 6, 5. 6). So hätte man auch jener Beterschar am Meeresufer Pharisäismus vorwerfen können, weil sie dort und nicht im Kämmerlein beteten.

Wie ungerecht wäre das gewesen! Wenn jene Christenschar die Absicht gehabt hätte, mit ihrer Gebetsvereinigung die Augen anderer Leute auf sich zu ziehen und eine Anerkennung ihrer Frömmigkeit zu erreichen, dann wäre dieser Vorwurf berechtigt gewesen; dann hätte man in der Tat jenen Betern Ruhmsucht, Stolz und Pharisäismus vorwerfen können. Aber eine sachliche Betrachtung des Herganges zeigt uns das Gegenteil. Nicht mit der Absicht, vor andern recht fromm zu erscheinen, beugten die Christen in jener Abschiedsstunde ihre Knie, sondern aus einem inneren Bedürfnis. Jetzt, wo sie sich voraussichtlich für immer trennten, wußten sie die Abschiedsstunde nicht besser auszukaufen als mit gemeinsamem Gebet, in dem sie sich der Gnade ihres himmlischen Führers befehlen und für die Abreisenden und Zurückbleibenden Segenskräfte erbitten konnten. Eine solche Gebetsvereinigung ist wahrlich nicht falsche Ruhmsucht, sondern im Gegenteil demütiges Abhängigkeitsbewußtsein von dem Herrn, ohne den wir nichts vermögen. Hüten wir uns, solchen Leuten den Vorwurf pharisäischen Stolzes zu machen! (Matthäus 7, 1; 3. Mose 19, 16 a; Psalm 15, 3).

3. Man konnte sich ärgern an der Beteiligung von Kindern an einer Gebetsvereinigung. Auch darüber hätte sich mancher Christengegner beschweren können, daß hier Kinder in jugendlichem Alter eine Gebetsversammlung mitmachten, deren Inhalt und Tragweite sie zum Teil noch gar nicht verstehen konnten. Sie hätten deshalb den Christen Unnüchternheit (oder gar Schwärmerei) vorwerfen können. Wir wollen die Möglichkeit gar nicht abstreiten daß der Inhalt der Gebete in jener Stunde über das Verständnis mancher anwesenden Kinder hinausging. Darf man deshalb das Mitnehmen der Kinder und ihre Beteiligung am gemeinsamen Gebet unnüchtern und schwärmerisch nennen? Niemals! Unnüchternheit wäre es gewesen, wenn die Eltern in Tyrus ihre Kinder künstlich gedrängt hätten, etwas mitzumachen, was sie gar nicht verstehen konnten, oder wenn sie gar die Anwesenheit von Paulus benützt hätten, um aus ihren Kindern ein Bekenntnis hervorzulocken, das ihrem inneren Stand gar nicht entsprach. Aber so gewiß alles künstliche Drängen und Treiben bei der geistlichen Einwirkung auf die Jugend zu verurteilen ist, ebenso gewiß hat niemand ein Recht, das Mitnehmen junger Kinder an Ort, wo auch gemeinsam gebetet wird, zu tadeln oder unnüchtern zu nennen.

In einer Zeit, wo die Welt sucht, unsere Jugend zu allerlei innerlich vergiftenden Veranstaltungen zu locken, dürfen wir es uns nie nehmen lassen, sie dorthin einzuladen und mitzunehmen, wo himmlische Segenskräfte ausgehen (Matthäus 18, 20; Apostelgeschichte 12, 12).





A.Christlieb Wie der Anblick der Gebetsvereinigung in Tyrus drei brennende Zeitfragen beleuchtet. Apostelgeschichte 21, 5.

Der Anblick jener Gebetsversammlung gibt uns einen Beitrag zur Beantwortung von drei brennenden Zeitfragen:

1.
W i e k a n n d a s F a m i l i e n l e b e n g e s t ä r k t u n d v o r Z e r r ü t t u n g b e w a h r t w e r d e n ? Wir leben in einer Zeit, in der die ,,Zelle" des Familienlebens vielfach bedroht wird. Was kann zu seinem Schutz geschehen? Unser Text zeigt uns christliche Familien, die vor dem Gnadenthron vereint sind. Solches gemeinsames Gebet stärkt das Familienleben besonders. Nicht in allen Christenhäusern betet man gemeinsam. Die äußere, mannigfaltige Arbeit der einzelnen Familienglieder, allerlei Berufspflichten derselben erschweren das außerordentlich. Dennoch sollte in jeder Christenfamilie darauf gesehen werden, daß die Segensmacht des gemeinsamen Gebetes nicht fehle (Esra 8, 21 - 23)!

2. Eine andere Frage, die viele Christen bewegt, ist diese: W a s k a n n v o n u n s e r e r S e i t e g e s c h e h e n , d a ß i n l e b e n d i g e n c h r i s t l i c h e n K r e i s e n d e r N a c h - w u c h s n i c h t a u s b l e i b t ? Gewiß ist dies nur Sache der Barmherzigkeit Gottes. Aber doch dürfen wir die Tatsache nicht übersehen, daß gerade in solchen Häusern, wo neben dem einsamen auch das gemeinsame Gebet in rechter Weise seine Stätte hat, Gott jugendliche Herzen für seine Gnade öffnet.

3. W i e k ö n n e n u n s e r e H ä u s e r v o r d e n G e f a h r e n d e s Z e i t g e i s t e s b e w a h r t w e r d e n ? Welch ein Mammons- und Vergnügungsgeist wird wohl in jener großen Handelsstadt Tyrus geherrscht haben! Die Gefahr, daß dieser auch in die Christenhäuser eindringe, war ohne Zweifel vorhanden. Wie sollte man sich dagegen schützen? Gemeinsames Gebet kann eine schützende Macht gegen den verderblichen Zeitgeist bilden. Gott lasse alle Christenhäuser den Segen solcher Gebetsvereinigungen reichlich erfahren!





A.Christlieb Die restlose Beteiligung aller Christen am Geleit von Paulus. Apostelgeschichte 21, 5.

Die restlose Beteiligung aller Christen bei Paulus' Abreise von Tyrus zeigt uns die liebliche Einigkeit des Volkes Gottes in jener Zeit und Stadt. Kein Unterschied in Lehrfragen und Verfassungen trennte die Gläubigen hier. Kein Unterschied von hohem und niedrigem Stand machte ein gemeinsames Geleit unmöglich. Keine persönlichen Zwistigkeiten hielten irgendwelche Gemeindeglieder von diesem vereinten Wege ab. Wie leicht kann es an diesem oder jenem Ort vorkommen, daß ein gemeinsames Zusammengehen fast unmöglich ist, weil die Jünger Jesu in verschiedene Lager gespalten sind! Die einen erklären: Wenn jene mitgehen, so werden wir nicht mitkommen und umgekehrt. Wie hat Satan unter Gottes Volk allerlei Trennungen hervorgebracht!

Der Anblick dieser vereinigten Jünger von Tyrus sollte eine beschämende Wirkung auf unsere Herzen ausüben und uns den Seufzer auspressen, daß Gott auch an unserem Ort sein Volk so verbinde, wie es in Tyrus der Fall war (Johannes 17, 20 - 23; Philipper 2, 1 - 4; Psalm 133).

 

Apg 21,6 A.Christlieb Paulus reist weiter von Tyrus. Apostelgeschichte 21, 6.

Unser Text erzählt uns, wie Paulus und seine Begleiter sich von den Christen in Tyrus verabschieden. Paulus und seine Begleiter bestiegen das Schiff; die andern kehrten zu ihrer alltäglichen Berufsarbeit an ihren Wohnort zurück (,,Jene wandten sich wieder zu dem Ihren").

Die Woche, welche sie zusammen verlebt hatten, bedeutete eine besondere Erquickungszeit sowohl für Paulus wie auch für die Gemeinde. Solche Tage würden wir am liebsten immer festhalten und beständig erleben. Das wäre aber für unser inneres Ausreifen nicht gut. Besondere Erquickungszeiten können nicht immer anhalten. Sie müssen mit Alltagsarbeiten und Alltagsnöten wechseln.

Es wird eine Zeit kommen, wo man sich nicht mehr trennt, sondern mit allen, die Christus liebhaben, in ewiger Erquickung bleiben darf. Auf diese Zeit freut sich der Glaube. Inzwischen wollen wir, wenn wir eine besondere Segenswoche haben erleben dürfen, ebenso willig wie jene Jünger in Tyrus wieder zu unserer Alltagspflicht zurückkehren (Hebräer 11, 9. 10; 1. Petrus 4, 12. 13). Im stillen Berufsleben muß es sich dann zeigen, welchen Segen sie zurückgelassen haben.

 

Apg 21,7 A.Christlieb Paulus besucht die Brüder in Ptolemais. Apostelgeschichte 21, 7.

Den Aufenthalt in Ptolemais benutzte Paulus dazu, die Brüder, d. h. die gläubigen Christen dieses Ortes aufzusuchen. Laßt uns bei diesem Besuch auf dreierlei achten.

1. M a n k a n n t e d i e B r ü d e r . Ihr Christentum war nicht etwa nur im verborgenen Herzensgrund, sondern zeigte sich in einer Weise auch nach außen. Man wußte von bestimmten Leuten, daß sie auch zu den Gläubigen gehörten.

2. M a n f ü h l t e s i c h z u d e n B r ü d e r n h i n g e z o g e n . Christen ziehen einander an. Wohin Paulus auf seinen Reisen auch kam, er lenkte seine Schritte alsbald zu den Bekennern Jesu. Wie andere sich von solcher Gesellschaft abgestoßen fühlen, so zog sie ihn und seine Gefährten an.

3. M a n f a n d g a s t l i c h e A u f n a h m e b e i d e n B r ü d e r n . Paulus und seine Gefährten blieben einen Tag bei ihnen. Wie wurde doch damals in der ersten Christenheit Gastfreundschaft geübt! Wie nahm man die Genossen des Glaubens gern auf! (Hebräer 13, 2; Römer 12, 13; 1. Petrus 4, 9; 1. Mose 18, 3; 19, 2. 3). Gesegnete Schar in Ptolemais, die man als Brüder kennt, zu denen ein Paulus sich hingezogen fühlt und die willig die Boten Jesu aufnehmen!

 

Apg 21,8 A.Christlieb Ein reiches Haus. Apostelgeschichte 21, 8. 9.

Wir kehren im Geist mit jener Reisegesellschaft um Paulus ein in das Haus des Evangelisten Philippus in der Stadt Cäsarea. Der Hausvater ist uns wohlbekannt. Wir kennen ihn als einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, dem in Jerusalem das Amt eines Almosenpflegers übertragen worden war (Kap. 6, 3 - 6). Wir kennen ihn als ein gesegnetes Werkzeug Gottes zur Erweckung in Samarien (Kap. 8, 5 - 12) und als den Mann, durch den der Kämmerer aus dem Mohrenland zum Glauben kam (Kap. 8, 26 - 40). Hier lernen wir nun auch seine ganze Familie kennen. Welch ein reiches Haus war dies! Aus drei Gründen müssen wir sagen: Ein reiches Haus!

1. Zuerst deshalb, weil die Kinder dieses Hauses gläubig waren! Was ist der größte Reichtum, den ein Haus besitzen kann? Etwa Schätze an Silber und Gold? Nein, denn diese können leicht genommen werden. Wohl aber bildet wahres Glaubensleben im Herzen der Familienglieder einen unvergänglichen Reichtum (Kap. 16, 32 - 34; 18, 8).

2. Reich war dieses Haus auch, weil die einzelnen Familienmitglieder Gaben zum Dienst empfangen hatten. Der Vater war ein Prediger des Evangeliums. Die Töchter hatten offenbar die Gabe der Weissagung, die sie zum Nutzen anderer am rechten Ort gebrauchen konnten. Solche von Gott verliehene Gabe, die zum Bau seines Reiches gebraucht wird, ist ein wertvoller Besitz.

3. Reich war das Haus auch deshalb, weil Gastfreundschaft darin geübt wurde. Philippus nahm Paulus mit seinen Reisebegleitern auf. Gewiß mochte diese Aufnahme manche äußere Arbeit mit sich bringen. Aber wie groß war der innere Gewinn! Häuser, die Gotteskinder gern aufnehmen, bereichern dadurch sich selbst. Das Haus von Philippus ist in Wahrheit ein reiches Haus zu nennen!

 

Apg 21,10 A.Christlieb Ein dreifacher Prüfstein der Echtheit von Agabus' Weissagung. Apostelgeschichte 21, 10 - 12.

Das Auftreten eines Propheten ist etwas Besonderes. Bei einem derartigen Ereignis taucht immer wieder die Frage auf: Ist die Sache echt? Woran erkennt man die Richtigkeit der Prophezeiung? Bei der Weissagung des Agabus läßt uns der Text ein dreifaches Merkmal der Echtheit erkennen.

1. Zuerst beweist seine Bezeichnung (,,Es reiste herab ein P r o p h e t mit Namen Agabus"), daß dieser Mann eine prophetische Gabe gehabt haben muß, d i e v o n d e r G e m e i n d e a n e r k a n n t w a r . Man würde ihn nicht einen P r o p h e t e n genannt haben, wenn nicht prophetische Erleuchtung bei ihm offenbar geworden wäre. Nicht erst hier bei seinem Besuch in Cäsarea, sondern schon früher muß sich diese Gabe bei ihm gezeigt haben.

Es ist bedenklich, sich den Prophezeiungen eines Menschen anzuvertrauen, von dessen Erleuchtung in der Gemeinde Gottes kaum jemand etwas weiß.

2. Ein zweites Merkmal der Echtheit dieses Propheten liegt darin, daß der Inhalt seiner Weissagung in keiner Weise dem widersprach, was in der Gemeinde Jesu bisher offenbart worden war, vielmehr in vollem Einklang damit stand. Die Worte des Agabus bestätigten und ergänzten das, was Gottes Geist hin und her in den Städten der Gemeinde bezeugt hatte (Kap. 20, 23). Das weckt Vertrauen.

Laßt uns nie einer Weissagung trauen, die nicht übereinstimmt mit dem, was Gott seiner ganzen Gemeinde an Licht in seinem Wort gegeben hat. Propheten, die von diesem Licht abweichen, müssen abgelehnt werden, wenn sie auch noch so gewaltig auftreten.

3. Ein drittes Kennzeichen der Echtheit sehen wir in der Wirkung der Worte des Agabus. Es herrschte völlige Einmütigkeit unter den Christen Cäsareas darüber, daß das von Agabus geweissagte Ereignis eintreffen werde. Keiner zweifelte daran. Ihre Bitte an Paulus, nicht nach Jerusalem zu gehen, stammt aus ihrem Glauben an die Erfüllung dieser Weissagung.

Wenn irgendein Mensch den Anspruch erhebt, sein Wort sei ein von Gott gegebenes, prophetisches, so laßt uns zusehen, ob diese drei Kennzeichen bei ihm gefunden werden.

 

Apg 21,12 A.Christlieb Eine Versuchungsstunde für Paulus. Apostelgeschichte 21, 12. 13.

Die an Paulus gerichtete Bitte, nicht nach Jerusalem zu reisen, war eine Versuchung für den Apostel. Sie hätte ihn von gottgewiesener Bahn abbringen können. Aus drei Gründen war diese Versuchung besonders stark und gefährlich.

1. Sie kam von gläubigen Menschen her. Nicht ungeistlich urteilende Weltkinder, sondern wahre gläubige Christen baten ihn, seinen Weg nach Jerusalem aufzugeben.

Es kann auch an uns nicht nur von ungläubiger Seite her eine Versuchung herantreten. Auch von Gotteskindern kann ein Einfluß ausgehen, der uns vom gottgewollten Pfad abdrängt.

2. Ferner war diese Versuchung so stark, weil so viele sich zu der Bitte vereinigten. Nicht nur vereinzelte Christen baten Paulus, von Jerusalem fern zu bleiben, sondern ,,wir und die desselben Ortes waren", d. h. die Reisegefährten und Mitarbeiter des Apostels (,,wir") und die gläubigen Christen der Stadt Cäsarea (,,die desselbigen Orts waren"). Durch diese Vereinigung hätte Paulus schwankend und unsicher werden können, ob er nicht doch lieber sein Reiseziel aufgeben solle.

3. Zuletzt laßt uns die dringende Art des vereinten Bittens beachten. Sie baten unter Tränen. (,,Was macht ihr, daß ihr weint?") Man stelle sich einmal das Bild vor, wie die Mitarbeiter, die Hausgenossen und andere gläubige Christen weinend vor Paulus stehen und ihn inständig bitten, von der Reise nach Jerusalem Abstand zu nehmen. Wir merken aus der Antwort des Apostels, wie tief diese Bitte sein Gemüt bewegte (,,und brecht mir mein Herz"). Aber es war eine Versuchung, die abgewiesen werden mußte.

Wohl uns, wenn wir in ähnlichen Stunden die Gnade eines festen Herzens empfangen, das sich nicht einen Augenblick von dem Auftrag Gottes abbringen läßt (Psalm 17, 5; 119, 29. 133; Matthäus 16, 22 - 25).

 

Apg 21,13 A.Christlieb Die Antwort von Paulus auf die Bitte der Brüder in Cäsarea. Apostelgeschichte 21, 13.

Die Antwort von Paulus vermied zwei Abwege. Auf der einen Seite vermied er es, sich auf die Versuchung einzulassen, den Weg nach Jerusalem zu unterlassen und so den ihm befohlenen Kreuzesweg zu umgehen. Auf der anderen Seite gab er den bittenden Brüdern keine scharfe und schroffe Antwort. Er wies vielmehr ihre Bitte auf eine solche Weise zurück, die ihnen wohltun und es ihnen leicht machen mußte, sich in die Ablehnung ihres Wunsches zu fügen. Er ließ sie fühlen, wie tief er innerlich mit ihnen empfinde und wie schwer es ihm werde, die Bitte nicht erfüllen zu können. In seinen Worten verband er eine weiche Zartheit des Gemütes mit einer stahlharten Festigkeit des Willens. So vereinigen seine Worte Strafe und Trost miteinander. Die in der Frage liegende Versuchung wies er mit unerbittlicher Entschlossenheit zurück. Die in der Frage sich kundtuende Liebe erwiderte er zart und freundlich. So blieb er mit ihnen in rechter Liebesverbindung, daß sie sich nicht nur in seine Abreise fügten, sondern daß auch ein Teil der dortigen Brüder ihm das Geleit gab (21, 16).

Wie selten findet man eine solche Verbindung von Zartheit und Festigkeit. Hier findet man Jesu Bild in seinem Jünger wieder (Lukas 22, 15; Matthäus 16, 23).





A.Christlieb Zweierlei Bekenntnisse der Treue zu Jesus. Apostelgeschichte 21, 13 b; (Lukas 22, 33).

Als Petrus vor seinem Fall stand, sprach er: ,,Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen" (Lukas 22, 33). Hier spricht Paulus: ,,Ich bin bereit, nicht allein mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben um des Namens willen des Herrn Jesu". Beide Worte lauten ganz ähnlich. Sowohl Petrus wie Paulus erklären sich zum Sterben für Jesus bereit. Und doch besteht zwischen beiden ein großer Unterschied.

So ähnlich die Worte lauten, so verschieden ist die Herzensstellung, aus der sie fließen. In dem Ausspruch von Petrus lag ein gewisser Widerspruch gegen das klare Heilandswort: ,,In dieser Nacht werdet ihr euch alle an mir ärgern" (Matthäus 26, 31 - 33). Petrus glaubte bei seiner aufrichtigen Heilandsliebe derartige Voraussagen weit von sich weisen zu dürfen. Er erklärte, unter allen Umständen Jesus treu bleiben zu wollen, selbst wenn die anderen zum Abfall kommen sollten. Bei seiner mangelnden gründlichen Selbsterkenntnis, bei dem Gemisch von aufrichtiger Heilandsliebe, falscher Kühnheit und gefährlichem Selbstvertrauen setzte er dem Heilandswort sein eigenes entgegen.

Ganz anders war es bei Paulus. Ihm hatte der Herr durch den Geist gezeigt, daß schwere Trübsale seiner in Jerusalem warteten. Nun sagte er gleichsam: Ich bin völlig einverstanden mit Jesu Weg. Wenn er noch mehr auflegen sollte, so will ich auch nicht widersprechen. Sein Bekenntnis floß aus völliger Beugung unter Jesu Willen. Während in den kühnen Petrusworten ein gewisses ,,Nein" gegen Jesu Hinweis lag, enthielt die Antwort von Paulus ein volles ,,Ja" zu seiner Weisung.

Obgleich das Bekenntnis von beiden herrlich und schön lautete, so fehlte doch bei dem einen das gründliche Fundament der eigenen Schwachheit und der Beugung. Bei dem anderen ist es vorhanden. Die prächtigen Worte allein tun es nicht.

 

Apg 21,14 A.Christlieb Die Brüder in Cäsarea fügen sich in den Entschluß von Paulus. Apostelgeschichte 21, 14.

Das Wort: ,,Wir schwiegen und sprachen" klingt wie ein Widerspruch. Wer schweigt, spricht nicht, und wer spricht, schweigt nicht. Aber dieser Widerspruch ist nur scheinbar. ,,Wir schwiegen" heißt: Wir hörten auf, noch weiter in Paulus zu dringen. Unser Bemühen, ihn von der Reise nach Jerusalem zurückzuhalten, nahm ein Ende. Unser Bitten verstummte.

Wie ungeistlich wäre es gewesen, wenn jene Christen nicht aufgehört hätten, Paulus von der Unrichtigkeit seines Entschlusses überzeugen zu wollen, wenn sie immer aufs neue versucht hätten, ihn zum Bleiben zu bewegen. Ihr Schweigen läßt ihre gebeugte Herzensstellung erkennen. Sie wollen nicht um jeden Preis ihren Willen durchsetzen und das letzte Wort behalten.

Sehen wir zu, daß jene Brüder in Cäsarea uns nicht beschämen, wenn wir einmal auf eigene Wünsche und Meinungen verzichten müssen. (2. Samuel 15, 25 - 26; 1. Mose 21, 11 - 14).





A.Christlieb Ein dreifaches Einigungsband aller gläubigen Christen.

In unserem Kapitel kommen wiederholt Meinungsverschiedenheiten vor. In Tyrus und Cäsarea wünschen die Gläubigen einen anderen Reiseplan für Paulus als er (Kap. 11, 4 bis Kap. 12). Am stärksten tritt die Meinungsverschiedenheit in Jerusalem bei der Frage der Beibehaltung oder Abschaffung des Gesetzes hervor. Dennoch sehen wir die Christen an allen diesen Orten in herzlicher innerer Verbundenheit. Woran liegt das? Was verbindet sie trotz ihrer Verschiedenheit? Ein dreifaches Einigungsband läßt sich hier erkennen.

1. Ein Ort, an dem alle zusammenkommen. Apostelgeschichte 21, 5.

Welches ist dieser Ort? Ist es ein Platz innerhalb oder außerhalb des Tempels? Nein, darüber könnten die Meinungen schon auseinandergehen. Aber sowohl in Tyrus wie an anderen Orten gehen die Christen vereinigt zum Gnadenthron. Sie beten zusammen.

Dies ist der einzige Ort, wo auch heute noch alle wahren Christen zusammenkommen. Nicht ein irdischer Platz wird sie alle vereinigen, wohl aber der Umgang mit Gott. Trotz aller Unterschiede sind alle Christen darin eins, daß sie ohne Gebet nicht leben können. Sie gehören zu einer großen unsichtbaren Vereinigung, die täglich am Thron Gottes zusammenkommt. Weder Jerusalem noch Garizim vereint sie, sondern die Anbetung im Geist und in der Wahrheit (Johannes 4, 20 - 24).

So laßt uns denn bei aller Anerkennung, die diesem und jenem von Gott gesegneten Ort zukommt, doch den Platz vor allem rühmen, an dem alle Christen zusammenkommen und über jeden uns freuen, der an diesem Ort seine Heimat hat (Psalm 100).

2. Ein Wille, dem alle sich unterwerfen. Apostelgeschichte 21, 14.

Als die Brüder in Cäsarea das Ziel ihrer Bitten nicht erreicht hatten, als sie trotz ihrer Tränen die feste Entschlossenheit des Paulus sahen, der doch nach Jerusalem reisen wollte, wandten sie sich nicht etwa unwillig von ihm ab. Ihre Liebe gegen ihn kühlte nicht ab. Sie tadelten ihn nicht, als sei er ein starrköpfiger, eigensinniger Mensch. Sie sagten auch nicht, er solle seinen Willen haben, sondern sprachen still: ,,Des Herrn Wille geschehe." Sie sahen also in der Festigkeit des Paulus eine von Gott gewirkte Tatsache, gegen die sie sich nicht weiterhin auflehnen durften. Sie zogen ihre eigenen Bitten und Wünsche zurück vor dem hier offenbar werdenden Willen des Herrn. Ob sie alle ohne Ausnahme jetzt schon die Richtigkeit dieses Reiseentschlusses erkannten, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls merkten sie, daß nichts zu ändern war und nahmen dies aus Gottes Hand an. Gegen Pauli Willen und Ansicht wagten sie wohl eine Zeitlang zu widerstreben. Gegen Gottes Willen wollte sich nicht ein einziger von ihnen erheben.

So ist es auch heute. Die Wünsche und Meinungen in allerlei Fragen laufen auch bei Gotteskindern oft sehr auseinander. Aber jeder, der ein wahrer Jünger Jesu ist, nimmt die Stellung ein, daß er sich unbedingt Gottes Willen unterwerfen will. Er möchte nicht (soweit er es erkennt), daß sein eigener, sondern des Herrn Wille geschehe. So bleiben sie verbunden (Matthäus 6, 10; 1. Petrus 5, 6; 1. Johannes 2, 17 b).

3. Eine Ehre, die alle suchen. Apostelgeschichte 21, 19. 20 a.

In der Besprechung über die Beibehaltung des Gesetzes war die Gefahr eines Zwiespaltes am größten. Hier drohte ein Riß unter den Gläubigen zu entstehen. Bevor aber die Verhandlungen über diese Frage im Haus von Jakobus begannen, sehen wir, wie alle sich in einem höheren Einheitspunkt zusammenfanden, sowohl die, welche die Beibehaltung des Gesetzes wünschten, wie auch die andern. Paulus erzählte seine Missionsreisen in der Welt, daß er Gott allein die Ehre gab (Vers 19). Die andern stimmten mit ihm ein in das Lob Gottes (,,Sie lobten den Herrn").

Hier sehen wir ein herrliches Einheitsband aller, die unter der Zucht des Geistes stehen. Sie haben das Eine Verlangen, daß Gottes Ehre, und nicht ihre eigene, erhöht werde. Das Suchen der eigenen Ehre reißt auseinander und richtet Zank an. Es bleibt bei Salomos Wort: ,,Unter den Stolzen ist immer Hader" (Sprüche 13, 10). Aber das Suchen der Ehre Gottes verbindet. Laßt uns bei uns und bei den andern dies dreifache Einigungsband pflegen und zu stärken suchen (Epheser 4, 3; Römer 15, 5. 6; Philipper 2, 1. 2)!





D.Rappard Wir schwiegen und sprachen: Des Herrn Wille geschehe! Apost. 21,14.

Schweigen können in Zeiten der Trübsal, ist ein Zeichen der Kraft. Es gibt allerdings ein äußerliches Schweigen, bei dem es im Innern des Menschen tobt in lauter Empörung. Das ist hier nicht gemeint. Die Jünger, von denen unser Text spricht, hatten lange gesucht, ihren geliebten Lehrer Paulus von der gefahrdrohenden Reise nach Jerusalem abzuhalten. Da sie aber merkten, daß sein Entschluß auf höheren Befehl gefaßt war, schwiegen sie. Wahrlich, solches Schweigen ist Gold. Lernen wir von diesen Christen in Cäsarea! Lernen wir, im Schmerz stille sein. Vermeiden wir unnötiges Erzählen und Klagen. Aber das Schweigen der Jünger ging über in das heilige, gesegnete Wort: d e s H e r r n W i l l e g e s c h e h e! Gottes Willen annehmen, ist der Weg zur Ruhe. Scheint uns eine Stellung und Aufgabe unangenehm und demütigend, ist sie uns aber von Gott verordnet, so können wir nichts Besseres und Weiseres tun, als sie voll und ganz als von ihm kommend annehmen. D a n n i s t u n s m i t e i n e m M a l g e h o l f e n. Was schwer und unmöglich schien, wird leicht und lieblich. Und dem brennendsten Schmerz ist alle Bitterkeit genommen, wenn wir, ob auch mit Tränen, von Herzensgrund sprechen: D e s H e r r n W i l l e g e s c h e h e!

Auch auf rauhen, dunklen Wegen Find ich Freude, Fried' und Segen; Deiner Führung folg ich still, Wie Du willst, nicht wie ich will.

 

Apg 21,15 A.Christlieb Paulus und seine Jünger treffen Vorbereitungen zur Abreise. Apostelgeschichte 21, 15.

Der Ausdruck, den Luther übersetzt ,,Wir entledigten uns" (nämlich alles dessen, was zur Mitnahme auf das Fest nach Jerusalem unpassend oder hinderlich war) ist nach dem Grundtext noch umfassender zu verstehen: ,,Wir machten uns reise-fertig" (Übersetzung Menge), d. h. wir verschafften uns alles das, was zur Teilnahme am Fest nötig war. Paulus traf also auch nach dieser äußeren Seite hin die nötigen Reisevorbereitungen.

Es gibt Menschen, die sich von einem geisterfüllten Knecht Gottes einen ganz falschen Begriff machen, als ob ein solcher für äußere zeitliche Angelegenheiten gar kein Interesse oder Verständnis mehr hätte und sich nur mit himmlischen Dingen beschäftige. Das dies bei Paulus nicht der Fall war, zeigt unter anderem auch dieser Ausdruck, aus dem hervorgeht, daß alle die äußeren notwendigen Vorbereitungen zur Festreise (Instandsetzung der Kleidung und dergleichen mehr) von ihm getroffen wurden. Es wäre schwärmerische Übergeistlichkeit, wenn man die Beschäftigung mit solch äußerlichen Dingen als etwas, was uns von der wichtigsten Hauptsache abziehen würde, von sich wiese (2. Timotheus 4, 13; 1. Timotheus 2, 9; 1. Petrus 3, 3-5).

 

Apg 21,16 A.Christlieb Mnason. Apostelgeschichte 21, 16.

Auf dem Weg nach Jerusalem war Paulus mit seiner Begleitung bei einem aus Zypern stammenden Christen namens Mnason zur Herberge. Die Heilige Schrift hat uns den Namen dieses Mannes aufbewahrt.

1. Wenn er auch kein Apostel wie Paulus war, kein Evangelist wie Philippus, kein Prophet wie Agabus, so war er doch ein ,,J ü n g e r". Schon dieser Titel gilt im Licht der Ewigkeit mehr als alle Ehrentitel der Welt.

2. Er wird weiter ,,ein a l t e r Jünger" genannt, d. h. ein Christ, der schon lange auf dem Lebensweg war, also kein Anfänger, sondern ein solcher, der trotz aller Verfolgungsstürme und mancherlei Erfahrungen sich nicht von dem schmalen Weg hatte abbringen lassen. Wie wertvoll sind überall in der Christenheit diese ,,alten Jünger"! Wie können sie mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen den jüngeren Christen dienen!

3. Auch muß Mnason als ein g a s t f r e i e r Jünger bekannt gewesen sein, sonst würden ihn die Brüder aus Cäsarea, die Paulus führten, nicht in dies Haus gebracht haben. Gesegnet sei der Mann, der zum verachteten Jüngerkreis gehört, auf dem Lebensweg bleibt und Gotteskinder gern beherbergt! Sein Name ist es wert, in Ehren behalten zu werden (Psalm 92, 15 - 16).

 

Apg 21,17 A.Christlieb Die freundliche Aufnahme von Paulus in Jerusalem. Apostelgeschichte 21, 17.

Unser Text erzählt uns den Empfang des Apostels und seiner Gefährten bei den Christen in Jerusalem. Dieser Empfang war ein herzlicher (die Brüder nahmen uns ,,g e r n" auf) und soll uns beschäftigen.

1. Nicht immer war Paulus so aufgenommen worden. Als er nach seiner Bekehrung zu den Christen Jerusalems kam, wurde er äußerst vorsichtig und zurückhaltend behandelt. Man traute ihm nicht recht (Kap. 9, 26). Als er später zum sogenannten Apostelkonzil in Jerusalem eintraf, wurde er mit seinen Gefährten ,,empfangen" (Kap. 15, 4). Das war ein großer Fortschritt. Jetzt, wo er am Schluß seiner letzten Missionsreise noch einmal dort ankam, wurde er ,,g e r n aufgenommen". Es ist ein Fortschritt des Vertrauens bemerkbar, das Paulus im Lauf der Jahre bei der Urgemeinde genießen durfte. Erst wurde er abgelehnt, später ,,empfangen" und zuletzt ,,gern aufgenommen".

Dieses langsam wachsende Vertrauen kann solchen Brüdern Mut machen, die in irgendeinem Arbeitsfeld, wo man sie noch nicht näher kennt, zunächst etwas bedenklich aufgenommen werden. Wenn solche Brüder nur treu in der Demut arbeiten, niemals das Ihre, sondern die Sache des Herrn suchen, so wird der Herr ihnen zur rechten Zeit, wenn auch nicht auf einmal, das Zutrauen der gläubigen Christen zuwenden, ohne das eine fruchtbare Arbeit im Reich Gottes kaum möglich ist.

In Jerusalem war eine gewisse Mißstimmung gegen Paulus entstanden. Allerlei Verdächtigungen betreffend seine rechte Stellung zum Gesetz waren in Umlauf gesetzt worden (,,Es ist ihnen aber berichtet worden wider dich, daß du lehrst von Mose abzufallen", Vers 21). Der herzliche Empfang des Apostels beweist uns, daß die Brüder in Jerusalem sich nicht durch all die gegen Paulus umlaufenden Gerüchte so einnehmen ließen, daß sie ihn etwa kühl und zurückhaltend empfangen hätten. Nein, sie haben ihn trotz der vorhandenen Mißstimmung herzlich und freundlich aufgenommen. Sie haben ihm nicht wegen seiner größeren Freiheit dem Gesetz gegenüber die Liebe entzogen, sondern ihn brüderlich behandelt.

Laßt uns von diesen Brüdern auch für unsere Zeit lernen. Wie leicht lassen wir uns durch diese und jene vielleicht ganz unbegründeten Gerüchte hinreißen, einem treuen Bruder in wehtuender Weise kalt zu begegnen. Wir haben kein Recht, uns gegen einen Mitchristen unbrüderlich zu stellen, weil er in irgendeiner Lehranschauung nicht ganz mit uns übereinstimmt. Treten wir in die Fußstapfen der Brüder, die Paulus trotz dieser Gerüchte und dieser Mißstimmung ,,freundlich aufnahmen" (Übersetzung Menge).

Wie schön ist es zu sehen, daß Gott seinen Knecht vor dem beginnenden Leidensweg noch einmal erquickte. Die freundliche Aufnahme war für Paulus eine große Freude. Wir wissen, wie wichtig ihm allezeit die brüderliche Verbindung mit der Muttergemeinde in Jerusalem gewesen ist. Nun durfte er es erleben, daß ihm volle brüderliche Liebe und herzliches Zutrauen von seiten der leitenden Brüder entgegengebracht wurde.

So sorgt Gott, daß es seinen Knechten schon hinieden bei allem schweren Dienst auch an inneren Erquickungen nicht fehlt, bis einst die Ankunft im neuen Jerusalem ihnen ewige Freude bringen wird.

 

Apg 21,18 A.Christlieb Drei Merkwürdigkeiten bei der Versammlung im Haus des Jakobus. Apostelgeschichte 21, 18 - 26 a.

Am Tage nach dem Empfang von Paulus in Jerusalem versammelten sich die leitenden Brüder der Christengemeinde mit Paulus und seinen Begleitern im Haus von Jakobus. Dort fand eine gemeinsame Beratung statt, die uns aufs höchste interessiert. Wenn wir uns im Geist in jene Versammlung hineinversetzen und den Worten lauschen, die dort geredet wurden, so können uns besonders drei Merkwürdigkeiten auffallen.

1. Ein Mensch, der trotz größter Erfolge demütig blieb.

Wir sehen hier zuerst einen Menschen, der wie kein anderer die größten Erfolge in der Reichsgottesarbeit hinter sich hatte und trotzdem auch nicht eine Spur von Eitelkeit zeigte, sondern im Gegenteil einen demütigen Eindruck machte. Paulus begann nach gemeinsamer Begrüßung mit einem eingehenden, genauen Bericht seiner Missionstätigkeit. Wie leicht hätte er sich hier ein wenig spiegeln können in all den Erlebnissen und Erfolgen, die seine Arbeit aufwies. Nichts davon ist zu merken. Er trat bei seiner Erzählung wie auch nach seiner ersten Missionsreise (Kap. 14, 27) mit seiner eigenen Person zurück. Er berichtete nicht, was er, sondern ,,was Gott getan hatte unter den Heiden". So spricht die Demut.

Eitle Menschen machen ihre eigenen Leistungen groß. Wahre Gottesknechte erheben ihren Herrn. Die Demut des Apostels ist die erste Merkwürdigkeit in jener Versammlung.

2. Brüder, die sich neidlos freuen, daß Gott einen anderen Bruder mehr gebraucht als sie.

Der Bericht von Paulus hätte gar mannigfache Wirkungen ausüben können. Wie leicht hätte sich in diesem und jenem Bruder beim Anhören dieser herrlichen Erfolge des Paulus der Neid regen können. Die Frage konnte bei ihnen auftauchen: Weshalb hat jener gerade so große Erfolge, während bei meiner Tätigkeit solches ausbleibt? Hätten jene Ältesten von Jerusalem ihre eigene Ehre und ihren eigenen Ruhm im Auge gehabt, so hätten sie sicherlich Gott nicht gelobt und gedankt für alles, was sie hier vernahmen. Da sie nun aber des Herrn Sache suchten, wurden sie voll Lob und Dank für die reichen Segnungen, die Gott durch einen andern geschenkt hatte.

Ihr Loben und Danken zeugt von einer selbstlosen inneren Stellung, die von dem stammt, der sagen durfte: ,,Ich suche nicht meine Ehre" (Johannes 8, 50).

Wer droben einst dabeisein will, wenn des Herrn Ruhm von allen Himmelsbewohnern erhöht wird, der sehe zu, daß sein Herz hier schon vom Neid gereinigt werde und er jenen Ältesten in Jerusalem ähnlich werde (Johannes 5, 41 - 44; Philipper 2, 3; Galater 5, 26).

3. Christen, die trotz schwieriger Streitfragen in völliger Harmonie bleiben.

Der Gegenstand der Beratung war eine heikle, strittige Frage. Es handelte sich um die Stellung zum mosaischen Gesetz. Hier platzten allerlei Geister und Meinungen aufeinander. Menschlich gesprochen war wenig Aussicht auf völlige Einigung vorhanden. Ein bedenklicher Eifer für das Gesetz steckte zu tief in vielen Herzen. Dennoch kam eine liebliche Harmonie und ein einmütiger Beschluß zustande.

Diese von Gott geschenkte Einigkeit in einer so schwierigen Frage ist die dritte Merkwürdigkeit, die uns bei jener Zusammenkunft auffällt. Sie erweckt in uns die Hoffnung, daß mit Gottes Hilfe da und dort bedrohte Einigkeit unter Christen vor Zusammenbruch bewahrt und schon zerstörte Verbindung wieder hergestellt wird.

 

Apg 21,20 A.Christlieb Gottes Werk und Teufels Werk in der ersten Christengemeinde zu Jerusalem. Apostelgeschichte 21, 20 - 26 a.

In der Antwort der Ältesten spiegelt sich Gottes Werk und Teufels Werk in der Gemeinde zu Jerusalem nebeneinander wider.

1. Gottes Werk sehen wir in den Worten: ,,Bruder, du siehst, wieviel tausend Juden es gibt, die gläubig geworden sind". Dieses Wort weist uns hin auf die herrliche Gottestat, die darin bestand, daß er Tausende in Israel durch den heiligen Geist zum Glauben an Jesus führte. Dieser Anblick kann die Herzen aller Gotteskinder mit Freuden erfüllen.

2. Aber neben dieser Gottestat sehen wir eine andere. Die Worte: ,,Es ist ihnen aber berichtet worden wider dich" zeigen uns allerlei Zungen, die geschäftig waren, Zwietracht zu säen, das Vertrauen auf den von Gott gesandten Knecht Paulus zu untergraben und Uneinigkeit im Lager der Gläubigen anzurichten. Wessen Werk ist dies? So wie in dem Glauben der Juden Gottes Werk erscheint, so ist dieses letztere ein Werk des Teufels, des Zerstörers der Gemeinde.

3. Wie kann Gottes Werk gefördert und des Teufels Werk zerstört werden? Auch darauf antwortet unser Text. Er zeigt uns, wie führende Brüder miteinander unter völliger Zurücksetzung aller eigenen Wünsche und Interessen prüfen, wie der drohende Riß verhindert und die geschlossene Einigkeit im Volk Gottes gewahrt werden kann. Dieses Bemühen hilft mit dazu, daß Gottes Werk gefördert und Satans Werk zerstört wird.

 

Apg 21,24 A.Christlieb Worauf Paulus um des Friedens willen verzichten konnte. Apostelgeschichte 21, 24. 26

Es hat dann und wann Menschen gegeben, die dem Apostel wegen seines Eingehens auf den Vorschlag der Brüder einen Vorwurf machten, als sei er in seiner Nachgiebigkeit zu weit gegangen. Wir müssen aber bedenken, daß Paulus jederzeit denen, die unter dem Gesetz waren, sein wollte als ,,einer unter dem Gesetz" (1. Korinther 9, 21). Mehr hat er auch hier nicht getan.

Jeder wußte, daß Paulus in keiner Weise auf derartige Gesetzesbeobachtung sein Vertrauen setzte oder sie auch nur im Geringsten für nötig erachtete. Aber aus Liebe konnte er sich einer solchen Gesetzesbeobachtung freiwillig unterziehen, um denen entgegenzukommen, die nun einmal auf solche Dinge Gewicht legten. Eine Verleugnung der Wahrheit des Evangeliums können wir in des Apostels Handlungsweise nicht erblicken, wohl aber einen Beweis, daß er auf vieles verzichten konnte um des Friedens willen. Vor allen Dingen auf dreierlei.

1. Er verzichtet um des Friedens willen auf eine Geldsumme.

Zunächst war mit dem Vorschlag der Brüder für Paulus eine Geldausgabe verbunden (,,Wage die Kosten an sie"). Wenn jemand sich an solchem Nasiräatsgelübde beteiligt, so hatte er die Kosten der damit verbundenen Opfer mitzutragen. Menge übersetzt: ,,Wir haben vier Männer, die ein Gelübde (Nasiräatsgelübde) zu erfüllen haben. Diesen schließe dich an. Laß dich mit ihnen weihen und b e z a h l e a u c h f ü r s i e d i e K o s t e n ".

Hier würde mancher an Pauli Stelle gesagt haben: Ich habe meinen geringen Besitz durch saure Arbeit als Teppichmacher verdient; es ist unbillig, von mir zu verlangen, daß ich einen Teil desselben für einen solchen Zweck ausgebe. Zu einer äußeren Gesetzeserfüllung wäre ich wohl bereit, aber nicht zur Bezahlung der damit verbundenen Kosten. So sprach Paulus nicht. Wegen der mit diesem Vorschlag für ihn verbundenen Unkosten verlor er kein einziges Wort. Ohne weiteres war er willig, von seinem Besitz so viel herzugeben, wie nötig war.

Laßt auch uns niemals an diesem Punkt einen Friedensvorschlag scheitern lassen! Laßt uns jederzeit bereit sein, um des Friedens willen ein Geldopfer zu bringen, auch wenn wir unseren Besitz lieber zu anderen Zwecken verwenden würden (1. Mose 13, 7 - 18).

2. Er verzichtet um des Friedens willen auf Zeit.

Die Erfüllung eines derartigen Gelübdes mit den damit verbundenen Opfern im Tempel nahm mehrere Tage in Anspruch. (,,Er ließ sich sehen die Tage"). Nun wissen wir, wie vielbeschäftigt der Apostel gewesen ist und können nicht daran zweifeln, daß es für ihn in den Tagen seines Aufenthalts in Jerusalem allerlei zu tun gab. Dennoch nahm er sich die Zeit, ,,in den Tempel zu gehen und sich sehen zu lassen, wie er aushielte die Tage". Ein anderer hätte vielleicht gesagt: Ich habe wahrlich genug anderes zu tun, als mich hier im Tempel mehrere Tage sehen zu lassen, wie ich mich dem Gelübde unterziehe, das doch meiner Seligkeit nicht helfen kann. Meine Zeit ist viel zu kostbar. Aber um des Friedens willen konnte Paulus auch von seiner kostbaren Zeit eine Anzahl von Tagen opfern.

Laßt uns doch auch jederzeit bereit sein, wo es erforderlich und am Platz ist, um der inneren Verbindung mit anderen willen ein Opfer an Zeit zu bringen! Wenn Paulus seine besonders wertvolle Zeit um solches Zweckes willen hergab, wieviel mehr sollten wir dies tun (1. Mose 26, 26 - 31).

3. Er verzichtet um des Friedens willen auf Bequemlichkeit.

Das Aufsichnehmen des Gelübdes bedeutete für Paulus auch für einige Tage eine Freiheitsbeschränkung. Er konnte in den betreffenden Tagen nicht dahin und dorthin gehen, wie er wollte, sondern war für die gesetzlich festgelegte Zeit gebunden, im Tempel zu bleiben. Auch dieses Opfer brachte Paulus, ohne ein Wort des Widerspruchs dagegen zu sagen. Sein Geld, seine Zeit, seine Freiheit und Bequemlichkeit opferte er ohne weiteres sofort um des Friedens willen.

Laßt uns doch auch jederzeit bereit sein, um dieses Zwecks willen Opfer zu bringen, je nachdem es die Verhältnisse bei uns nötig erscheinen lassen! Laßt uns an nichts festhalten, was Paulus um der Liebe willen zu den Brüdern und um der Einigkeit willen der Gemeinde Jesu gerne fahren ließ! (Markus 9, 50 b; Römer 12, 16 - 18; 15, 5; 2. Timotheus 2, 22).

 

Apg 21,28 A.Christlieb Eine dreifache Anklage der Feinde gegen Paulus. Apostelgeschichte 21, 28.

Die Juden, welche die Gefangennahme des Paulus veranlaßten, erhoben gegen ihn eine dreifache Beschwerde. Sie warfen ihm vor, er lehre wider sein Volk, wider das Gesetz, wider die heilige Stätte des Tempels. Eine nähere Betrachtung dieser drei Anklagepunkte wird uns erkennen lassen, daß die Feinde des Wortes Gottes im Grunde heute noch dieselben Vorwürfe gegen die gläubigen Christen erheben.

1. Erste Anklage: ,,Er lehrt wider dieses Volk."

Nicht zum ersten Mal hören wir in der heiligen Schrift eine derartige Anklage gegen Knechte Gottes. Schon Jeremia und andere Propheten wurden beschuldigt, daß sie mit ihrer Verkündigung dem Volk schadeten (Jeremia 38, 4; Amos 7, 10). So behaupteten auch jene Juden aus Asien, daß die Predigt des Paulus die hohe, einzigartige Stellung Israels herabsetze. Was sollen wir zu diesem Vorwurf sagen? Nach einer gewissen Seite hin schien er nicht unberechtigt. Der ungöttliche und pharisäische Nationalstolz, der vielfach in Israel herrschte, bekam durch die Lehre des Paulus allerdings einen tödlichen Stoß. Dieser lehrte, daß auch die anderen Völker des Heils teilhaftig würden. Solche Lehre warf allen israelitischen Dünkel darnieder. So hatten es die Feinde leicht, das fanatische jüdische Selbstbewußtsein gegen die Predigt des Paulus zu erregen. Aber wahr und lauter war dies nicht. Wer liebte sein Volk mehr als Paulus? Wer suchte mehr das Wohl seiner Landsleute als er? Wie ungerecht war es doch, diesem Mann vorzuwerfen, er ,,lehre gegen sein Volk"!

Auch heute noch kann es vorkommen, daß man Knechten Gottes, die jeden hochmütigen Nationalstolz ablehnen und die die Notwendigkeit der Bekehrung für das eigene Volk betonen, Mangel an Vaterlandsliebe vorwirft und ihre Verkündigung als schädlich für das eigene Volk hinstellt.

2. Zweite Anklage: ,,Er lehrt wider das Gesetz".

Der zweite Anklagepunkt lautete, Paulus lehre gegen das Gesetz.

Das Gesetz war die in Israel ein für allemal festgelegte gültige Lehre. Gegen diese verstoße die Predigt des Paulus, so lautete die Behauptung der Feinde.

Was sollen wir dazu sagen? Auch hier hatten die Ankläger in einem Sinne recht. Wenn sie nämlich das Gesetz im Sinne der jüdischen Schriftgelehrten auffaßten, wenn sie das Gesetz, das ein Zuchtmeister auf Christus sein sollte (Galater 3, 24), zum Selbstzweck machten, wenn sie rein äußerlich bei den Buchstaben und Satzungen des Gesetzes stehen blieben - was freilich dem natürlichen Menschen am bequemsten ist -, dann allerdings lehrte Paulus g e g e n das Gesetz. Sie wollten das Gesetz nur so verstanden und aufgefaßt wissen, wie es bei ihnen in der herrschenden Volksmeinung üblich war. Alles andere war in ihren Augen eine unerlaubte Religionsänderung.

Welch ein Irrtum! Wer hat das Gesetz richtiger und tiefer erfaßt als Paulus!? Er führte, indem er Christus predigte, zur wahren Gesetzeserfüllung hin. Er zeigte, wie man in Wahrheit durch die Kraft von oben den Willen Gottes tun könne (Römer 8, 4). Wie unwahr war also diese Anklage!

Auch heute ist es unrichtig, wenn man Menschen, die an Jesus gläubig werden, vorwirft, sie fielen von ihrer alten Religion ab, sie brächten eine neue Lehre, die mit der hergebrachten nicht übereinstimme. Dann wäre jeder Übergang von einer toten Rechtgläubigkeit zu einer lebendigen Gemeinschaft mit Jesus ein Abfall von der rechten Religion, dann hätten auch Jesus, seine Apostel und alle wahrhaft gläubigen Christen ,,wider das Gesetz" geredet.

3. Dritte Anklage: ,,Er redet wider diese Stätte".

Der dritte Vorwurf, den die Juden aus Asien gegen Paulus erhoben, bestand in der Behauptung, er rede gegen die heilige Stätte des Tempels. Sie beschuldigten ihn also, daß er das heilige Tempelgebäude, die jüdische Kirche, dieses Heiligtum des ganzen Volkes nicht genügend würdige, sondern verachte und bei anderen verächtlich mache. Dies war in den Augen des jüdischen Volkes eine große Versündigung, weil der Tempel in der Religion des jüdischen Volkes eine große Rolle spielte. Je mehr das Volk Israel im praktischen Leben und Wandel von Gott abwich, um so mehr suchte es seine Treue gegen Gott in Hochachtung des äußeren Tempelgebäudes zu beweisen und ahndete jede Herabsetzung des Tempels aufs strengste (Jeremia 7, 4).

Es lag in der Beschuldigung gegen Paulus eine gewisse Wahrheit. In der Tat wich die Auffassung des Apostels über den äußeren Tempel weit ab von den Anschauungen der jüdischen Kirche und ihren Gesetzeslehren. Paulus lehrte, daß nicht das äußere Gebäude trotz all seiner Würde und Herrlichkeit das wahre Heiligtum Gottes darstelle, daß vielmehr die Gemeinde der wahrhaft Gläubigen der wahre Tempel Gottes sei, in dem Gott wohne und wirke (2. Korinther 6, 16). Mit dieser Lehre stritt er gegen die fast heidnische Verehrung des äußeren Tempelgebäudes und versetzte ihr einen gottgewollten Stoß. So schien dieser Anklagepunkt ein Recht zu haben.

Dennoch war er falsch. Wer hielt fester am Tempel und an der jüdischen Volkskirche als Paulus? Wer suchte überall zuerst die Judenschulen auf, die als Ersatz des Tempels zum Gottesdienst dienten? Wer betonte den gottgewollten Zweck des Tempels mehr als Paulus, der Gottes Wort lauter und rein verkündigte?

Auch heute wirft man bisweilen gläubigen Christen vor, sie seien nicht für die Kirche und setzten die Kirche herab. Die Geschichte des Reiches Gottes aber beweist, daß sie im allgemeinen die treuesten Glieder der Kirche waren. Christen, die von ähnlichen Vorwürfen getroffen werden wie Paulus, dürfen sich dessen trösten, daß schon jener Apostel in gleicher Weise beschuldigt wurde; sie sollen aber acht haben, daß solche Anschuldigungen wie bei Paulus nicht zutreffen.





A.Christlieb Die Ankläger von Paulus begingen die drei Fehler, die sie Paulus vorwarfen.

Die Juden aus Asien hatten Paulus vorgeworfen, er handle gegen ihr Volk, gegen das Gesetz und gegen den Tempel. Dabei merkten sie gar nicht, wie ihr eigenes Verhalten genau diese drei Vorwürfe verdiente.

1. Zuerst schädigten sie ihr Volk. Indem sie die Arbeit des Apostels zu unterdrücken suchten, nahmen sie ihrem Volk den größten Schatz weg, den es besaß. Wer Gottes Wort hindert und aufhält, fügt seinem Volk den größten Schaden zu, den es gibt. Nicht die wahren Zeugen Jesu, sondern ihre Bekämpfer und Unterdrücker sind die größten Schädiger eines Volkes. Sie nehmen dem Volk das einzige und beste Mittel, das zu seiner inneren Gesundung dienen kann.

2. Ferner handelten sie gegen das Gesetz. Ihr fanatischer Haß gegen den Apostel stand im schroffsten Gegensatz wider das ganze Gesetz, das in dem Gebot ,,Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" zusammengefaßt wird. Nicht Paulus, sondern sie selbst waren ,,wider das Gesetz".

3. Auch dem Tempel schadeten sie mit ihrem Treiben. Wer die Gläubigen aus der Kirche zu verdrängen sucht, der ist schuld daran, daß die Kirche ihre Bedeutung und Herrlichkeit verliert und nichts zurückbleibt, als ein öder Raum, der seine beste Anziehungskraft verloren hat. Es hat dann und wann Menschen gegeben, die in ungeistlicher Weise für ihr Volk und für die reine Lehre eiferten und dabei dem Volk und der Lehre den größten Schaden zufügten. Gott bewahre uns alle vor solchem Irrweg. (Römer 2, 17 - 23).





A.Christlieb Drei Fehler der Juden aus Asien, die wir bei uns selbst wiederfinden. Apostelgeschichte 21, 27. 28.

Beim Anblick der Männer, die Pauli Gefangennahme veranlaßten, könnten in uns leicht pharisäische Gedanken hochsteigen. Wir könnten im Herzen sprechen: Ich danke dir Gott, daß ich nicht bin wie jene ,,Juden aus Asien". Deshalb wollen wir noch auf drei Fehler jener Gegner achten, von denen wir uns selbst nicht freisprechen können.

1. Sie schauten im Gottesdienst auf andere.

Der Tempel war nicht dazu bestimmt, fehlerhafte Mitmenschen den Augen der anderen Tempelbesucher darzustellen. In diesem Hause sollte Israel seinem Gott begegnen (Amos 4, 12 b). Es sollte hier die Gemeinschaft mit ihm suchen und befestigen. Zu diesem Zweck sind auch unsere Kirchen und Versammlungshäuser erbaut. Stattdessen richteten jene Juden aus Asien im Tempel ihre Augen auf einen anderen Menschen, an dem nach ihrer Meinung besonders viel auszusetzen war, auf Paulus.

Wie leicht kann es auch bei uns vorkommen, daß unsere Augen im Gottesdienst umherschweifen und plötzlich jemand sehen, der nach unserer Meinung ein sehr schlimmer Mensch ist. Wenn wir dann auch nicht wie jene Männer über denselben herfallen, so tun wir innerlich doch dasselbe, indem wir uns über ihn ärgern und ihn am liebsten in weite Ferne wünschten. Sind wir nicht in solchem Falle vor Gottes Auge ebenso tadelnswert wie jene? (Prediger 4, 17).

2. Sie störten andere in ihrer Andacht.

Wir vergegenwärtigen uns den Hergang jener Stunde der Gefangennahme. In dem Tempel werden allerlei Leute gewesen sein. Viele mögen sehr wenig Andacht im Herzen gehabt haben, andere mehr. Jetzt trat plötzlich diese Szene dazwischen. Einige Personen fielen über einen Mann her, der ein Gelübde erfüllen wollte, erhoben ein Geschrei gegen ihn und legten sogar die Hand an ihn. Daß es jetzt bei den Tempelbesuchern mit aller Andacht vorbei war, ist klar. So hatten diese Juden aus Asien anderen jede Andacht genommen und sie gehindert, Gott anzubeten.

Wie leicht kann es auch in unseren Gemeinden und Versammlungshäusern vorkommen, daß Menschen, die innerlich weit über jenen Feinden des Apostels zu stehen glauben, andere durch irgendwelches störende Benehmen in ihrer Andacht und Aufmerksamkeit hindern. Laßt uns auch in dieser Hinsicht nie den Feinden des Apostels gleich werden!

3. Sie urteilten lieblos über einen Mitmenschen.

Wie scharf waren doch die Zungen jener Juden aus Asien, als sie über Paulus urteilten. Sie ließen kein gutes Haar an ihm. Seine ganze Tätigkeit wurde von ihnen als verkehrt und irreführend hingestellt. Gegen alle guten Seiten des Apostels waren sie blind. Daß viele in ihrer asiatischen Heimat durch ihn den Frieden ihrer Seele gefunden hatten und auf einen neuen guten Weg gelangt waren, davon schwiegen sie. Nur Schlimmes berichteten sie über ihn.

Diese ungerechte, scharfe und lieblose Art im Urteil über einen Mitmenschen ist einer der häufigsten Fehler, der sich immer wieder bei uns einschleichen will. Wie wahr ist die Jakobusklage über die Zungensünden (Jakobus 3, 2 - 10). Wie viele ,,Doegzungen" finden sich bei uns, die einem scharfen Schermesser gleichen (Psalm 52, 4 - 6).

So wollen wir, statt uns über jene Feinde des Paulus zu erheben, sie als Spiegel benutzen und Reinigung von den Fehlern suchen, die bei ihnen und bei uns sich zeigen.

 

Apg 21,29 A.Christlieb Die vermeintliche Tempelentweihung durch Paulus. Apostelgeschichte 21, 27 - 30.

Die Feinde gaben sich nicht damit zufrieden, die Wortverkündigung des Paulus als gefährlich zu verdächtigen. Sie setzten auch noch ein anderes schlimmes Gerücht gegen ihn in Umlauf. Er sollte durch Mitnahme von Heiden in den Tempel dieses Heiligtum entweiht, sich also der Tempelschändung schuldig gemacht haben. Hier haben wir ein Beispiel der Entstehung, der Verbreitung und der Wirkung eines bösen Gerüchtes gegen einen Gottesknecht.

1. Die Entstehung dieses Gerüchtes.

Die Juden aus Asien hatten in der Stadt den Paulus in Begleitung des griechischen Christen Trophimus gesehen. Als sie nun den Apostel im Tempel wiedersahen, argwöhnten sie sofort, sein Begleiter sei von ihm auch in den Tempel mitgenommen worden, was nach dem Gesetz streng verboten war. Weil sie Paulus an anderem Ort in heidnischer Gesellschaft gesehen hatten, zogen sie den Schluß, diese Gesellschaft werde auch im Tempel bei ihm gewesen sein. Aus dieser falschen, jeder Grundlage entbehrenden Folgerung jener ,,Juden aus Asien" entstand das schlimme Gerücht, das so viel Unheil anrichtete.

Wir entnehmen daraus eine doppelte Lehre:

a) Wie vorsichtig müssen doch Gotteskinder und namentlich Gottesknechte in der Welt wandeln, weil sie von den Feinden des Christentums so genau beobachtet werden und so leicht die Vermutung entsteht, daß sie etwas Ungesetzliches getan hätten.

Tausende von Israeliten wurden in jener Festzeit in den Straßen Jerusalems nicht beachtet. Aber Paulus wurde sofort aufs Korn genommen und die Herkunft seines Begleiters genau bemerkt.

b) Wie behutsam sollten wir doch alle sein, wenn argwöhnische Gedanken in unseren Herzen auftauchen. Wie leicht entstehen böse Vermutungen über andere Menschen, namentlich über Gegner, die sich bei genauer Untersuchung als völlig grundlos und falsch erweisen. Laßt uns doch lieber das Beste als das Schlechteste denken (Sacharja 7, 10 b; Jeremia 4, 14 b).

2. Die Verbreitung dieses Gerüchtes.

Mit dem Ruf: ,,Er (Paulus) hat Griechen in den Tempel geführt und diese heilige Stätte gemein gemacht", setzten jene Juden aus Asien das schlimme Gerücht gegen Paulus in Umlauf. In ihren Worten lag ein doppelter Verstoß gegen diese Wahrheit.

1. Zuerst sagten sie: ,,Er hat Griechen in den Tempel geführt". Sie stellen also das als T a t s a c h e hin, was nur eine V e r m u t u n g war.

2. Ferner machen sie aus dem einzelnen heidnischen Begleiter Trophimus gleich mehrere, indem sie sagen: ,,Er hat Griechen (Mehrzahl) in den Tempel geführt".

So pflegen die bösen Zungen auch heute noch schlimme Gerüchte zu verbreiten. Sie erzählen bloße Vermutungen als Tatsachen, und diese vermeintlichen Tatsachen vergrößern sie noch nach Belieben. Es kommt ihnen nicht darauf an, aus einem Griechen mehrere zu machen, wenn nur ihr Ziel erreicht wird, andere gegen den verhaßten Gegner zu erregen.

Laßt uns doch niemals mit der Wahrheit spielen und ungenau mit ihr umgehen. Wer mit Absicht die Wahrheit verdreht und entstellt, der steht im Dienst des Lügners von Anfang (Johannes 8, 44; 3. Mose 19, 16; Sprüche 20, 19 b; Psalm 15, 1 - 3).

3. Die Wirkung dieses Gerüchtes.

Die Folge der Verdächtigung und des durch die Juden aus Asien verbreiteten Gerüchtes war eine allgemeine Erregung der ganzen Stadt gegen Paulus (,,die ganze Stadt wurde bewegt"). Ein großer Volksauflauf entstand gegen ihn. Die Tempeltüren wurden geschlossen, d. h. der Tempel wurde für entweiht erklärt. Jede weitere gottesdienstliche Feier mußte vorläufig unterbleiben. Der Anblick dieser gewaltigen Wirkung jenes Gerüchtes kann uns zweierlei sagen:

1. Nicht jede Erregung ist deshalb berechtigt, weil sie von einer ganzen Stadt oder Gegend mitgemacht wird. Deshalb laßt uns behutsam sein, ehe wir uns vom ,,allgemeinen Unwillen" gegen irgend jemand fortreißen lassen!

2. Laßt uns behutsam sein an jeder Mitbeteiligung am Entstehen und Verbreiten eines ungünstigen Gerüchtes über einen Mitbruder, wir können sonst mitschuldig werden an den großen und schlimmen Wirkungen solches Gerüchtes (2. Mose 23, 7 a; Sprüche 10, 18).

Wer hat den Tempel entweiht?

Wir haben früher gesehen, wie des Paulus Ankläger gerade die drei Fehler begingen, welche sie dem Apostel vorwarfen. Noch viel mehr dürfen wir dies sagen von dem, was sie in fälschlicher Weise über Paulus verbreiteten: Die ihm zur Last gelegte Tempelentweihung begingen sie selbst. Wie entwürdigten sie das Gotteshaus, indem sie es zum Schauplatz eines gehässigen Überfalls gegen einen frommen Menschen machten! Mit ihren Taten des Hasses und ihren Worten der Lüge schändeten sie in Wahrheit den Tempel. Nicht Paulus, sondern sie selbst verdienten den Vorwurf der Tempelschändung.

Auch heute noch kann es (wenn auch in feinerer Form) vorkommen, daß ein Raum, der zur Erbauung der Gemeinde bestimmt ist, zu lieblosem Angriff auf einen Mitbruder benutzt wird. Wer dies tut, macht sich in Wahrheit einer Tempelentweihung schuldig. Laßt uns zusehen, daß wir solches nie tun (Kap. 13, 45; Jeremia 28,10)!

 

Apg 21,31 A.Christlieb Das Eingreifen des Kommandanten der römischen Besatzung in Jerusalem. Apostelgeschichte 21, 31 - 33.

Unser Text schildert uns das Eingreifen der Obrigkeit in die gegen Paulus gerichtete Volksunruhe. Der Kommandant der Besatzung, ein höherer, römischer Offizier, kam herbei, um Ruhe und Ordnung zu schaffen. Laßt uns sehen, wann, wie und mit welchem Erfolg er eingriff.

1. Wann der Kommandant der Besatzung eingriff.

Sobald er von dem Volkstumult Kunde bekam, zögerte er keinen Augenblick (,,von Stund an nahm er Kriegsknechte"). Nicht langsam und gemächlich, sondern eilenden Laufes begab er sich zum Schauplatz der Unruhe (,,Er lief unter sie"). Dieses sofortige Hinzueilen läßt uns den Hauptmann als einen tatkräftigen und diensteifrigen Beamten erkennen, der seine Pflicht bei öffentlichen Unruhen genau kannte und zu erfüllen suchte. Laßt uns zusehen, daß wir in der Erfüllung unserer äußeren Berufspflichten nicht hinter diesem Hauptmann zurückstehen! (Daniel 6, 5 [4]; 4. Mose 12, 7).

2. Wie der Kommandant eingriff.

Am Schauplatz des Tumults angekommen, nahm der Kommandant Paulus in seine Gewalt, ließ ihn fesseln und erkundigte sich nach seiner Persönlichkeit und nach seinem Vergehen. Daß er Paulus als einen Verbrecher ansah und entsprechend behandelte, dürfen wir ihm bei seiner völligen Unkenntnis nicht verargen. Er mußte aus der Wut des Volkes schließen, daß Paulus ein für das Gemeinwohl gefährlicher Mensch sei. Deshalb sorgte er, daß er sofort unschädlich gemacht wurde.

Mit dieser Schnelligkeit des Handelns, die in solchen Fällen durchaus am Platze ist, verband der Hauptmann Gerechtigkeit, indem er sich in ganz unparteiischer Weise bemühte, ein richtiges Urteil über Paulus zu bekommen. Er ,,fragte, wer er wäre, und was er getan hätte". Er war also zugänglich für sachliche Belehrung. Mehr darf ein Volk von einem heidnischen Staatsbeamten zunächst nicht verlangen. Von seinem Standpunkt aus handelte er so, wie es seine Pflicht war.

Wohl dem Volk, das eine solche Obrigkeit hat, die tatkräftig, mutig und gerecht eingreift, wo die öffentliche Sicherheit gefährdet ist! Laßt uns bitten, daß die Obrigkeit unseres Landes nicht hinter diesem Kommandanten der römischen Besatzung in Jerusalem zurückbleibe.

3. Mit welchem Erfolg der Kommandant eingriff.

Das Eingreifen des Beamten war nicht umsonst. Zunächst wurde Paulus der Gewalt der wütenden Volksmasse entrissen, die ihn töten wollte (Vers 31). Durch das Dazwischentreten des Kommandanten wurde - menschlich gesprochen - das Leben des Apostels gerettet. Der Mann, der von religiösen Fragen keinerlei Kenntnis besaß, handelte hier gerechter und edler gegen Paulus als die Beamten des Tempels. Wir sollten dem Herrn dankbar sein für alles, was wir noch an der Obrigkeit haben. Es gibt keinen schlimmeren Rechtszustand in einem Lande als den, bei welchem in Erregung versetzte Volksmassen eigenmächtig die Rechtsgewalt in die Hand nehmen. Es ist leicht, die Obrigkeit zu tadeln und auf ihre Schwächen hinzuweisen. Aber es ist christlich, für sie zu beten und für ihren Schutz dankbar zu sein. (Römer 13, 1 - 7; Titus 3, 1. 2; 1. Petrus 2, 13).

 

Apg 21,32 A.Christlieb Die Grenzen der obrigkeitlichen Hilfe. Apostelgeschichte 21, 31 - 40.

Bei aller Anerkennung dessen, was die Obrigkeit in diesem Volkstumult getan hat, sehen wir doch gerade hier die Grenzen ihrer Macht und Hilfe.

1. Der Kommandant konnte trotz seines guten Willens kein richtiges Urteil über Paulus gewinnen. Seine Vermutung, daß Paulus ein gefährlicher Staatsverbrecher sei (Vers 38), war völlig verkehrt. Die beste Obrigkeit kann sich täuschen. Sie vermag die Herzen nicht zu ergründen und die Menschen nicht zu durchschauen.

2. Der Hauptmann konnte wohl dem Ausbruch des Hasses gegen Paulus einen Damm setzen und gegen die Volksbewegung eine Schranke aufrichten. Aber er konnte die Ursache der Volkserregung nicht beseitigen. Er stand mit seinen militärischen Streitkräften dem Feuer des Hasses machtlos gegenüber. Deshalb konnte er auch der ganzen Bewegung nicht Herr werden. Immer wieder brach sie durch (Vers 36; Kap. 22, 22. 23). Er konnte auf die Herzen der Menge keinen Einfluß ausüben und die Gesinnung nicht ändern. Dies ist Sache einer höheren Macht, nicht einer menschlichen.

3. Obwohl der Hauptmann ohne jede Voreingenommenheit ganz unparteiisch einzugreifen suchte, so gelang es ihm doch nicht, jedermann sein Recht zu verschaffen (2. Samuel 8, 15). Die wahre Gerechtigkeit hätte erfordert, daß die, welche Paulus widerrechtlich geschlagen hatten, mit entsprechenden Strafen belegt worden wären, der Apostel aber sofort auf freien Fuß gesetzt und mit einem Schmerzensgeld für die unschuldig erlittene Mißhandlung entschädigt wäre. Das geschah aber nicht.

Laßt uns von der Obrigkeit nie mehr Hilfe erwarten, als sie nach ihrer Erkenntnis und Macht zu bringen vermag! Völlige Hilfe und ganzes Recht suchen wir bei dem, von dem geschrieben steht: ,,Der Herr schafft Gerechtigkeit und Gericht allen, die Unrecht leiden" (Psalm 103, 6; vergleiche Psalm 146, 7 a) und ,,Bei dem Herrn findet man Hilfe" (Psalm 3, 9 a). Es wäre verkehrt, wegen dieser Mängel und Unvollkommenheiten der obrigkeitlichen Hilfe diese zu verachten oder sie gar bei anderen verächtlich zu machen.

 

Apg 21,33 A.Christlieb Die Höflichkeit des Paulus. Apostelgeschichte 21, 33 - 40.

Des Paulus Wort an den Hauptmann: ,,Darf ich mit dir reden?" ist ein schönes Beispiel von Anstand und Höflichkeit. Mancher mag denken, daß eine Belehrung über Höflichkeit mit dem Einen, was not ist, nichts zu tun habe. Das ist ein Irrtum. Laßt uns die Höflichkeit des Paulus näher anschauen und sehen, unter welchen Umständen sie sich zeigte, wie sie sich äußerte und welche Folgen sie für die Sache Jesu hatte.

1. Wo sich die Höflichkeit des Paulus zeigte.

Sie zeigte sich zu einer Stunde, als alle Leute um ihn her besonders unhöflich, ja geradezu roh waren. Die durch die Juden aus Asien verhetzte Menge war über Paulus hergefallen. Man hatte ihn mit den ungerechtesten Vorwürfen überhäuft (21, 28), ihn mißhandelt und geschlagen. Der Hauptmann hatte ihm, als ob er ein Verbrecher wäre, Handschellen angelegt. In s o l c h e r Stunde bewies Paulus Höflichkeit.

Mancher ist bereit höflich zu sein, wenn sich andere um ihn her anständig benehmen. Wenn man sich aber frech und ungerecht gegen ihn verhält, hört oft alle Höflichkeit auf. So macht es der natürliche Mensch. Aber in solcher Stunde und Lage, wie sie hier bei Paulus vorlag, Anstand und Höflichkeit zu beweisen, braucht Gnade von Gott. Wohl allen, die sie sich schenken lassen! (Johannes 18, 4 - 11).

2. Wie die Höflichkeit des Paulus sich äußerte.

Das Benehmen des Apostels ist dem Verhalten seiner Umgebung direkt entgegengesetzt. Schon im Ton der Stimmen sehen wir den Unterschied: Die Leute r i e f e n (Vers 34) und s c h r i e n (Vers 27. 31. 36). ,,Paulus s p r a c h zu dem Hauptmann". Die Gegner konnten nicht warten, bis sie an die Reihe kamen zu reden. Einer fiel dem andern ins Wort und fiel dazwischen. (21, 34; Sprüche 14, 16 b). Paulus dagegen wartete, bis er reden durfte. Die andern fragten nicht erst um Erlaubnis, ob sie etwas sagen sollten, sondern taten dies ohne weiteres. Paulus bat bescheiden und demütig, ob es gestattet sei, ein Wort zu sagen!

An diesen Unterschieden beobachten wir die Art der echten Höflichkeit. Sie ist bescheiden, wartet still, bis sie an die Reihe kommt, will nicht mit Frechheit und Gewalt ihr Recht durchsetzen, sondern tritt demütig zurück, bis sie hervortreten darf. Diese Höflichkeit hat Paulus nicht von Menschen, sondern in der Schule des Geistes Gottes gelernt. Dort wollen wir sie auch suchen. (1. Samuel 25, 23 - 31).

3. Welche Folgen die Höflichkeit des Paulus hatte.

Das höfliche und anständige Benehmen des Paulus machte auf den Kommandanten der Besatzung einen solchen Eindruck, daß er ihm die Genehmigung zu einer öffentlichen Ansprache erteilte. So konnte der Apostel vor der großen Volksmenge ein Zeugnis von Jesus ablegen und die Geschichte seiner Bekehrung erzählen.
S e i n e H ö f l i c h k e i t m a c h t a l s o B a h n f ü r d a s W o r t G o t t e s.

Es hat oft Fälle gegeben - und wir wollen uns willig unter solche Tatsache beugen -, wo unhöfliches, taktloses Benehmen dem Wort Gottes Hindernisse bereitet und Türen zuschloß, die sonst hätten offen sein können. Durch die Höflichkeit von Paulus wurde hier eine Tür geöffnet. Auch heute noch kann anständiges, höfliches Benehmen - besonders der Welt und den Feinden gegenüber - für das Reich Gottes und die Sache Jesu von großer Bedeutung werden und dem Wort Gottes Eingang verschaffen.

 

Apg 21,34 A.Christlieb Der nach Klarheit suchende Hauptmann. Apostelgeschichte 21, 33 - 36.

Unser Text zeigt uns einen Mann, der mitten in einem Gewirr von Stimmen Klarheit bekommen möchte, auf welcher Seite das Recht liege. ,,Einer rief dies, der andere das im Volk" (Vers 34). So steht in unseren Tagen mancher in religiösen und sonstigen Fragen in einem solchen Stimmgewirr, daß er sich nicht zurechtfinden noch erkennen kann, wer recht hat. Für solche mögen drei Tatsachen, die in unserem Text liegen, zur Lehre dienen.

1. Die richtige Stellung war nicht da, wo der Zahl nach die Mehrheit war. Wenn jener römische Oberhauptmann die Frage des Rechts und Unrechts nach der Zahl der vor ihm stehenden Anhänger oder Gegner des Christentums hätte beurteilen wollen, dann hätte er den Feinden des Paulus recht geben müssen; denn sie befanden sich hier natürlich in weitaus überwiegender Mehrzahl. Das wäre falsch gewesen. Das Recht lag hier bei der Minderheit.

2. Die Wahrheit war auch nicht da, wo am meisten gewühlt, gedrängt und Propaganda gemacht wurde. Dies taten hier die Feinde des Apostels. Sie betrieben ihre Sache mit solchem Eifer, daß sie die ganze Stadt Jerusalem in Erregung brachten (Vers 30). Unruhiges Wühlen und fleischliches Eifern sind nicht Kennzeichen für Recht und Wahrheit.

3. Die richtige Stellung war auch nicht da, wo man am besten verstand, den Gegner schlecht zu machen. Das taten hier ebenfalls die Feinde des Apostels. Sie schwärzten ihn an als einen Mann, der dem Vaterland, der Kirche und dem Glauben gefährlich sei (Vers 28). Wenn jemand sich durch die Worte der Paulusfeinde zur Meinung verleiten ließ, er nütze seinem Vaterland und seiner Kirche, wenn er auch Paulus bekämpfen helfe, so war er im Irrtum. Nein, nicht da, wo die Mehrheit, der gewaltigste Wühleifer und die beißendste Kritik gefunden wurde, war die rechte Stellung, sondern da, wo man etwas von der Nachfolge Jesu im praktischen Wandel merkte.

 

Apg 21,38 A.Christlieb Der von dem Kommandanten der römischen Besatzung erwähnte Aufruhr. Apostelgeschichte 21, 38.

In einer Zeit, wo in manchen Ländern Aufruhrversuche gemacht und auch Jünger Jesu bisweilen in dieselben hineingezogen und verwickelt werden, ist es lehrreich, einen Aufruhr aus vergangener Zeit anzuschauen. Der Kommandant der Besatzung erwähnt einen solchen, der in jener Zeit stattgefunden hatte. Wir wollen aus den wenigen Angaben die Geschichte desselben festzustellen suchen und seinen Führer, seine Anhänger und seinen Ausgang betrachten.

1. Der Führer des Aufruhrs.

Bei dem Führer fällt uns zuerst auf, daß er ein Ausländer war. (,,Bist du nicht der Ägypter?") Es war ja ein Aufstand des israelitischen Volkes, von dem hier die Rede ist. Wenn irgendein Volk nationalstolz war, so war es dieses. Umso mehr wundert es uns, daß man in diesem Volk einem Mann folgte, der gar nicht zu ihrer Nation gehörte. Wenn eine Erhebung im Volksleben stattfindet, die von einem Ausländer geleitet wird, so laßt uns doppelt vorsichtig sein!

Wir erfahren ferner, daß dieser Anführer sich der Strafe durch rechtzeitige Flucht entzog; denn die Behörde suchte ja, wie die Frage des Hauptmanns beweist, eifrig nach ihm, man hat also seiner bisher nicht habhaft werden können. Die Nachrichten, die wir von außerbiblischen Schriftstellern haben, bestätigen, daß viele in jenem Aufruhr ums Leben kamen, der ägyptische Anführer aber rechtzeitig sein eigenes Leben zu sichern verstand. Auch heute verstehen es manche Führer von politischen Aufruhrbestrebungen meisterhaft, andere für sich bluten zu lassen, ihr eigenes Leben aber in Sicherheit zu bringen. Bei solchen ist besondere Zurückhaltung angebracht. (Johannes 10, 12. 15 b).

2. Die Anhänger des Aufruhrs.

Laßt uns zunächst auf die Zahl der Anhänger achten! Viertausend Männer traten in die Gefolgschaft jenes Aufwieglers. Diese Zahl beweist uns, daß auch falsche Volkserhebungen großen Umfang annehmen können. Tausende lassen sich oft mitreißen, sobald ihnen eine Verbesserung ihrer äußeren Lage in Aussicht gestellt wird. Wir wollen uns doch nie durch große Zahlen allzusehr beeindrucken lassen. Mag eine Bewegung auch Tausende von Anhängern zählen (heute würde man schon von Millionen sprechen), so ist dies allein noch kein Beweis für ihre Richtigkeit.

Ferner laßt uns auf die Bezeichnung dieser Anhänger achten. Sie werden ,,Meuchelmörder" (wörtlich ,,Dolchträger") genannt. Aus dieser Bezeichnung merken wir schon, mit welchen Kampfesmitteln sie ihr Ziel zu erreichen suchten. Das Waffentragen war damals verboten. Dieses Gesetz umgingen sie. Für einen Jünger Jesu geziemt es sich aber, bestehende Gesetzesordnungen zu achten und nicht umzustoßen, es sei denn, daß dieselben einem klaren Wort Gottes zuwiderlaufen (wie Kap. 5, 28. 29 oder Daniel 3, 5 - 18). Prüfen wir doch, ehe wir uns einer Volksbewegung anschließen, ob ihre Kampfesart im Licht des Wortes Gottes gebilligt werden kann (Römer 13, 5; Sprüche 24, 21. 22).

3. Der Ausgang des Aufruhrs.

Der von jenem Ägypter geleitete Versuch, die Macht der römischen Obrigkeit zu brechen, mißlang vollständig. Unsere Textgeschichte, in der ein römischer Befehlshaber als Inhaber der polizeilichen Gewalt handelt, beweist, daß die Römer die Macht nach wie vor fest in Händen behalten hatten. Auch die Nachrichten außerbiblischer Schriftsteller bestätigen dies. Der römische Machthaber ließ eine große Zahl von Anhängern jenes Ägypters hinrichten; die übrigen entflohen.

Welch eine Enttäuschung muß doch der Ausgang dieser Erhebung denen bereitet haben, die jenem Ägypter mit Begeisterung gefolgt waren! Wenn wir das, was nach weltlichen Berichten von jenem Aufwiegler verheißen worden war, mit dem wirklichen Ausgang des Unternehmens vergleichen (er versprach ,,Heil und Ausruhen von allen Leiden für die, welche ihm in die Wüste folgen würden", nach Josephus), so kann uns dies zur Vorsicht mahnen gegenüber solchen Umsturzversuchen. Umso mehr wollen wir uns dem Führer anvertrauen, dessen Pläne nie mißlingen können, dessen Herrschaft für und für bleibt. Bei ihm werden wir niemals enttäuscht werden.

 

Apg 21,40 A.Christlieb Wie mitten im wüsten Volkstumult Gottes Herrlichkeit hindurchleuchtet.

Bei der Gefangennahme des Paulus sehen wir die Hölle losgelassen. Wir hören wüstes, lautes Geschrei. Eine fanatisch-erregte Volksmenge stürzte sich auf Paulus. Wir sehen rohes Dreinschlagen auf den stillen, unscheinbaren Knecht Gottes. Zur inneren Erbauung scheint uns dieser Anblick recht ungeeignet. Kann man sich da eine Glaubensstärkung holen, wo wir nichts als Teufelswirksamkeit vor uns sehen? Dennoch leuchtet aus dieser Schreckensszene Gottes Herrlichkeit. In dreifacher Weise kann der Glaube sie beobachten:

1. Gott zeigt seine Herrlichkeit, indem er sein Wort bestätigt. Apostelgeschichte 21, 27 - 30.

Alles, was wir hier sehen, ist eine genaue Erfüllung des Wortes Jesu und dessen, was sein Geist in der Gemeinde kund gemacht hatte. In dem Volkstumult bewahrheitet sich das, was Jesus allen seinen Jüngern vorausgesagt hatte: Haben sie mich verfolgt, sie werden euch auch verfolgen (Johannes 15, 20). Das, was der Geist Gottes in allen Städten gesagt hatte: ,,Den Mann, des der Gürtel ist, werden die Juden also binden zu Jerusalem und überantworten in der Heiden Hände": d a s a l l e s t r a f i n d i e s e r S t u n d e e i n ! Gottes Wort erwies sich als die Wahrheit, die nicht trügt.

Wie beruhigend ist es in besonderen Schreckenszeiten, wenn der Glaube erkennt, daß alles genau nach Gottes Wort geht. Wie tröstlich wird gerade diese Tatsache auch einst beim Hereinbrechen der antichristlichen Trübsalszeit für die Gemeinde Jesu sein! Sie weiß: Wenn das Schwere sich erfüllt, was Gottes Wort voraussagt, dann wird auch das Herrliche, das es in Aussicht stellt, Wahrheit werden.

2. Gott zeigt seine Herrlichkeit, indem er seinen Knecht schützt und bewahrt. Apostelgeschichte 21, 31 - 36.

Wie trostreich und glaubenstärkend ist auch die Tatsache, daß sich hier ganze Scharen fanatisch-erregter Menschen auf Paulus stürzen, um ihn zu töten (Vers 31) und ihn doch nicht umbringen können. Trotz ihres vereinten Losschlagens auf diesen schwächlichen Mann bleibt er fähig, eine eindringliche, längere Rede an den großen Volkshaufen zu halten.

Wer schützte den wehrlosen Knecht Gottes? Wer deckte und bewahrte ihn mitten unter den Schlägen der wütenden Menge? Wer erhielt sein Leben so lange, bis sein Tagewerk vollendet war? D e r H e r r bewies seine Herrlichkeit, indem er seinen Knecht schützte. Er bewahrte sein Lamm mitten unter den reißenden Wölfen. (Matthäus 10, 16). Es durfte ihm kein Haar vom Haupt fallen ohne den Willen des himmlischen Vaters. (Matthäus 10, 30).

Nicht die Feinde bestimmten, wie lange Paulus wirken sollte, d e r H e r r tat das. (2. Mose 15, 2 - 13).

3. Gott zeigt seine Herrlichkeit, indem er Raum macht für das Zeugnis des Apostels. Apostelgeschichte 21, 39 - 22, 2.

Wie wunderbar ist es doch, daß der ganze Volkstumult auslief - fast möchte man sagen - in einem Gottesdienst oder in einer Evangelisationsversammlung. Dieselbe Menge, die so wüst schrie, daß der höchste Polizeibeamte nichts erfahren konnte (21, 34), wurde so still, daß man manchen Gottesdiensten und Versammlungen etwas mehr von dieser Stille wünschen möchte. Nachdem der Höllensturm getobt hatte, mußte - wenn auch nur für kurze Zeit - Stille zum Hören der Botschaft Gottes einkehren. Die Juden aus Asien hatten Menschenmassen herbeigerufen, um Paulus zu töten, und siehe da, diese Scharen mußten dem Wort Gottes lauschen und zuhören, wie Paulus seine Bekehrung erzählte.

Wer machte diese wütende Menge so still? Der, welcher einst bei Daniel der Löwen Rachen gestopft hatte, konnte auch diese Menschen besänftigen (Daniel 6, 21 - 23); der, welcher einst dem Sturm auf dem Meer gebot, daß eine große Stille entstand (Markus 4, 37 - 39), gebot auch diesem Sturm, daß es ganz still wurde. Satan rief seine Armee zusammen, um Gottes Reich zu schädigen. Der Herr machte, daß sein Werk dadurch gefördert wurde.

Gelobt sei der Herr, der mitten unter seinen Feinden herrscht! (Psalm 110, 2). Gelobt sei der, der seine Herrlichkeit beweist mitten im höllischen Treiben der Widersacher!

 

Entnommen aus Life is More: http://www.life-is-more.at/index1.php