Bibelarbeiten: hier Bibelarbeit über

Jakobus 4,13-5,6

von Michael Strauch


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Thema: Hochmut kommt vor dem Fall oder wie kriege ich/ werde ich mein eigener Gott? (Jakobus 4,13-5,6)



Einleitung:



Was ist der Unterschied zwischen einem Christen und einem Nicht-Christen? Darauf könnten wir viele Antworten geben. Aber was ist denn der eigentliche große Unterschied? Der - ich würde sagen - Urunterschied? Antwort: der Christ lebt bewußt vor Gott, der Nicht-Christ lebt bewußt vor sich selbst. Gibt es noch eine weitere Möglichkeit? Ja: der Christ, der bewußt vor Gott bewußt sich selber lebt. Woran erkennt man die - ich würde sie mittelmäßigen Christen - erkennen? (Mittelmäßig, weil sie die „goldene Mitte“ suchen). Daran, dass sie zum einen ganz bewußt als Christen leben und andererseits ganz bewußt in der Welt. Sie holen sich von Gott das Schöne und holen sich von der Welt das Schöne. Wie ist das möglich? Gehen diese Leute in den Gottesdienst und kurz darauf ins Bordell? Nein, als mittelmäßige Menschen suchen sie das, was auf beiden Seiten Akzeptanz hat. Das, was an sich neutral ist und jeder, der Nicht-Christ wie der Christ sich herauspickt: Das Geld. Und das Geld ermöglicht es Ihnen, ihr Leben zu gestalten. Wir wollen die Worte des Jakobus dazu näher untersuchen. Das erste, was Jakobus thematisiert, ist eine Lebenseinstellung.



  1. Die Geisteshaltung des geistlichen Mittelstandes



Offenbar leben die Christen, die Jakobus anspricht, auf dem Land. Auf dem Land wird man in der Regel nicht reich (damals). Der Boden gibt das Nötige zur Nahrung her. Wenn man reich werden möchte, dann muss man in die Stadt. Auch sind die Wege zu weit, um ein Wochenendleben zu führen. Händler ziehen in die Stadt und handeln ein Jahr, bis sie soviel Gewinn gemacht haben, dass sie wieder ans Heimgehen denken. So oder ähnlich haben Ausländer in Deutschland lange Zeit gedacht. Einer geht nach Deutschland, lebt und arbeitet und schickt das Geld zurück ins Heimatland. Somit ist mancher zu Wohlstand gekommen, viele haben aber ihre Nachkommen nachgeholt. Diese Haltung ist an sich nicht verwerflich. Jakobus will auf etwas anderes hinaus. Er zitiert vermutlich einige der Betroffenen:

„Heute oder morgen wollen wir in die Stadt gehen und wollen ein Jahr Handel treiben und Gewinn machen!“

Im ersten Moment hört man nicht heraus, was darin so schlimm sein soll. Jakobus betont zuerst das „heute oder morgen!“ Derjenige legt sich nicht fest. Er schein nach seinem Bauch zu handeln. Er hat keine klare Vorstellung. Ein Mensch, der angewiesen ist auf seine Einnahmen, weil er davon leben muss, kann nicht sagen: heute oder morgen gehe ich ins Geschäft. Offenbar hat der Angesprochene Geldmittel.

Weiter spricht er von „in die Stadt gehen...“ Die Stadt ist der Ort der mulikulturellen Begegnungen. Hier kann man alles verlieren und vieles gewinnen. Für Paulus stets der Startblock seiner missionarischen Bemühungen. Doch diese Christen wollen nicht in die Stadt, weil sie Mission treiben wollen, sondern weil sie reicher werden wollen. Sie wollen handeln. Nur wer etwas hat, kann auch handeln. Und wer viel hat, kann auch ein Jahr lang handeln.

Aber die Betonung liegt auf dem „wollen“. Jakobus scheint es hervorzuheben. Nun ist der Wille ein heiliges und umkämpftes Moment. Gott hat einen Willen. Gott kann im Inbegriff des Wortsinns wollen, weil ihm alles möglich ist. Er kann sagen: heute oder morgen will ich dies oder das tun. Niemand kann ihn hindern. Gott hat einen völlig freien und unbezwingbaren Willen. Der Nicht-Christ glaubt ebenfalls, einen freien Willen zu haben. Er muss ihn haben, denn in der nichtchristlichen Welt gilt nur derjenige etwas, der von sich weiß, was er will. Bei ihm gilt: wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg! Der Nicht-Christ ist sich selbst ein Gott, weil er selber auf sein Leben achten muss und sein Wille das Nötige lenken muss. Der Wille des Nichtchristen wird umso umfangreicher in seinen Willenserfüllungen, je mehr Finanzen er hat.

Was bei Gott seine Macht und Stärke ist, ist beim Nicht-Christen die Macht des Geldes. Je mehr Geld ich habe, desto unabhängiger bin ich von anderen Menschen.

Die von Jakobus angesprochenen Christen leben zwar bewußt vor Gott, aber ihre Geisteshaltung im täglichen Leben entspricht dem der Welt. Sie leben vor Gott als eigene Götter. Sie kennen Gottes Willen, leben aber den eigenen. Sie glauben an Gott und glauben an sich selbst. In diesem Moment machen sie Gott aber nicht mehr zu Hauptsache, sondern zur „Neben-Sache“. Das Ich und Gott stehen nebeneinander. Gleichwertig. In dem Moment machen sie Gott zur Farce, zur Projektion. Und alles entzündet sich am Willen.



  1. Die Praxisfolgen für den „geistlichen Mittelstand“

Man hat in Deutschland mal eine Erhebung gemacht, welche Gruppen von Menschen besonders in der landeskirchlichen Gemeinschaften sind (auch in Freikirchen). Es kam heraus: der gehobene Mittelstand.

Jakobus hält ihnen einen Spiegel vor die Augen, indem er ihnen sagt, wie sie vor Gott - mal schnörkellos, ungeschminkt und nackt - dastehen: als Ignoranten. Denn in der lateinischen Vulgata steht für „ihr wißt nicht, was morgen sein wird!“ eat qui ignoratis. Das ist das, was an diesen Christen besonders auffällt. Sie ignorieren schlichtweg Gottes Willen. Sie bewegen sich scheinbar nicht auf klaren Abwegen. Sie ignorieren - das heißt, sie äußern sich nicht. Sie sagen weder Ja noch Nein. Sie geben Recht und handeln anders. Sie setzen sich ein und doch nur, wenn etwas für sie herausspringt. Gott ist gut, um in der Ewigkeit reich zu sein. Geld ist gut, um im Diesseits reich zu sein. Warum nicht beides nehmen?

Jakobus sagt: einem entschiedenen Christen kann es nicht darum gehen, selbst zu wollen. Sondern er handelt im Willen Gottes. Das heißt nicht, dass er nicht Handel treiben darf. Er tut es, wenn er dein Eindruck gewinnt, dass es der Herr will. Jakobus macht deutlich: wenn der Herr will, dann werden wir überhaupt noch leben und das tun, was mir von Gott erdacht ist. Der Christ muss hierbei nicht um den Willen Gottes ewig warten. Er betet und handelt und hat seine Sinne auf Gott ausgerichtet und vertraut, dass er ihn führt. Der Christ darf wollen, aber er versucht, seinen Willen ständig in den Einklang mit Gottes Willen zu bringen. So wie man zwei Instrumente aufeinander abstimmt.

Alles andere ist Hochmut (Übermut - superbiis). Alles andere ist Selbstverherrlichung (Eigenruhm - gloriamini).

Am Schluss deckt Jakobus auch auf, dass es sich um reiche Christen handelt. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr Vertrauen auf das Geld legen. Doch dieses Geld verrostet und damit die Grundlage ihrer Macht. Die schönen Kleider - Zeichen des Statusses in der Stadt - werden von Motten zerfressen. Schlimmer noch: die alten Götter werden gegen sie Zeugnis einlegen im Gericht. Heulen, weinen, Motten und Rost sind Bilder für die Vergänglichkeit und das Gericht.

Doch damit nicht genug. Ein halber Chist ist ein ganzer Mist. Denn ein Christ, der sich selber lebt, lebt wie ein Ego-ist. Und weil er stets an sich denkt, denkt er nicht an andere. Der Christ, der von Gott sich geliebt und getragen weiß, kann auch anderen dienen. Doch diese Christen sind ihre eignen Götter. Und in den nächsten Versen wird deutlich, wie das „Handel“ treiben nun praktisch oft aussieht. Korruption! Sie haben sich auf Kosten anderer bereichert. Und das als Christen. Ihr Schreien bleibt nicht ungehört.