Johannes 14, 1-6

 

 

Erschrecken über das Weggehen Jesu

Die Worte des Predigttextes folgen unmittelbar nach dem Beginn des Verrats durch Judas und nach der Ankündigung der Verleugnung durch Petrus. Man spürt in 14,1 das grosse Erschrecken der Jünger über das angekündigte Weggehen Jesu, über Verrat und Verleugnung durch Jünger.

 

Die Moeglichkeit, mit der neuen Situation zurechtzukommen

Es ist eine Situation entstanden, die nur durch Gottes Beistand und den Glauben an Jesus trotz des Kommenden bewaeltigt werden kann. Das besagt die Aufforderung: „Glaubet an Gott und glaubet an mich.“ Diese Worte sind den Jüngern bekannt als Worte direkt nach dem Auszug aus Aegypten und dem Durchzug durchs Rote Meer, wo es (Ex 14,31) heisst: „Und das Volk fuerchtete den Herrn, und sie glaubten an Gott und an seinen Knecht Mose.“

 

Schon einmal: Eine scheinbar aussichtslose Situation

Es gab also in der Geschichte Israels schon einmal eine scheinbar aussichtslose Situation mit den Aegyptern direkt hinter sich. Kein denkbarer Weg in eine Zukunft.

 

Der Weg durch das Rote Meer – und Jesus als Weg

Die Jünger hatten die Lesung mit Ex 14,31 jedes Jahr in der Synagoge gehoert, beginnend mit Ex 13,17 mit Gottes Gedanken über den Weg des Volkes aus Aegypten. Nun spricht ihnen Jesus von ihrem Weg. An Anklaengen an den Auszug aus Aegypten hatte es in den vorhergehenden Kapiteln des Johannesevangeliums nicht gefehlt (vgl. z.B. „Brot vom Himmel, murren, streiten s. Joh 6 und das Sklavendasein und die Moeglichkeit der Freiheit, s. Joh 8). Nun geht es fuer die Jünger selbst um die groesste Herausforderung auf ihrem Weg, den sie nicht mehr erkennen koennen.

 

In der Freiheit, in den Wohnungen des Vaters ankommen

Jesus sagt ihnen, dass sie in der Freiheit, in den Wohnungen des Vaters ankommen werden (14,2) und dass Jesus den Weg vorangehen wird, ja, selbst der Weg ist, der zum Vater führt. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“

 

Joh 14,6: Extreme Formulierung am Tiefpunkt von Beziehungen

Das ist am Tiefpunkt der Beziehungen zwischen einer verfolgenden Gruppe von Juden und Nachfolgern Jesu formuliert worden in Verantwortung fuer die Wahrheit in Christus. Es ist jedoch nicht am Endpunkt formuliert, wie wir sehen. Wenn Christus der Weg ist, dürfen wir uns darauf verlassen, dass es auch nach dem Tiefpunkt durch Christus fuer uns den Weg gibt, den nicht wir fuer alle Zukunft definieren, sondern den Gott in Christus mit allen Menschen gehen will und auf den wir sehend und hoerend gespannt sein dürfen.

 

Neue Ansaetze zum Gespraech zwischen Christen und Juden

Am Anfang des 20. Jhd. hat es neue Ansaetze zum Gespraech zwischen Christen und Juden gegeben – in der Hitlerzeit wieder verschüttet, aber gerade dadurch neu gefordert und nach 1945 zoegernd neu begangen. Der Tiefpunkt der Beziehungen war mit dem Toeten Jesu erreicht und wurde fuer die johanneische Gemeinde mit dem Ausschluss aus der Synagoge und dem Toeten von Christen erreicht. Das hat die exklusive Aussage in 14,6 provoziert, weil die Synagoge als Ort der Verfluchung nicht mehr Ort der Gottesbegegnung sein konnte.

 

Wegbeschreibung durch Jesus – nicht durch uns

In einer neuen Situation dürfen wir Joh 14,6 nicht mehr einfach konstatierend und ausgrenzend wiederholen. Wenn Jesus der Weg ist, ist die Wegbeschreibung seine und nicht unsere Sache.

 

Die Wohnungen des Vaters:

Die groesste Bedeutung hat die Rede von einer Wohnung fuer den Flüchtling. Er sucht eine neue Gemeinschaft und sucht neue Jesusgemeinschaft. Joh 14,1-6 besagt, dass es jemanden gibt, der sich fuer die Zukunft der Verfolgten einsetzt, Wohnung bereitet und in die Wohnung einholt. Jesus sieht den Weg der Gemeinde in Analogie zu seinem eigenen Weg. Der wird nicht mit der Kreuzigung zuende sein, sondern Jesus überschreitet die wesentliche Grenze. Dafuer benutzt das Johannesevangelium wiederholt den Begriff ‚hinüberschreiten’ (griech. ‚hypagein’).

 

Hinüberschreiten

Statt der Mauer der Furcht – wie sie auch das Rote Meer darstellte – gibt es fuer die Nachfolger Jesu, fuer die an Gott Glaubenden, den Weg. Thomas weiss das noch nicht. Wir koennen uns in unserer Zeit weitgehend in diesem Jünger wiederfinden. Er repraesentiert die Nichtverstehenden: „Wir wissen nicht“, 14.5. Aber die Gemeinde wird den Weg aus der Unfreiheit zu Gott, die sich durchsetzende Wahrheit angesichts des Vorwurfs der Verführung durch Jesus und das Leben, das nicht genommen werden kann, wie Thomas erfahren.

 

Diese Abhandlung ist hier entnommen:

http://www.erlangen-evangelisch.de/johannesevangelium/index.htm