Predigten: Predigt über Johannes 4, 4-14

erstellt von Michael Strauch


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Einleitung:

Der bekannte Literaturpapst Marcel Reich Ranizki sagte einmal über einen Schriftsteller, daß er die vier Liebschaften des Autors als Skandal empfände. Darauf konterte sein Gesprächspartner Helmut Karasek, das sei in unserer heutigen Zeit ein üblicher Durchschnitt.

Ich möchte Ihnen heute von einem Menschen erzählen, der vier mal verheiratet war und mit einem fünften in wilder Ehe lebt. Ich gehe davon aus, daß die Frau, von der ich ihnen heute berichten möchte, attraktiv, selbstbewußt und einen riesen Hunger nach Leben hatte. Denn fünf Männer zu haben, ist selbst heute ein kleiner Rekord. Wieviel mehr vor 2000 Jahren, als diese interessante Persönlichkeit lebte. Diese Frau wollte leben. Sie sehnte sich nach Liebe, Geborgenheit, Sicherheit. Ich habe nicht herausbekommen, ob sie jemals Kinder bekommen hat. Vier der Männer sind entweder gestorben, was unwahrscheinlich klingt, oder sie konnten all den Bedürfnissen und Wünschen dieser Frau nicht gerecht werden. Auf jeden Fall sind alle der vier Männer weg. Ein fünftes mal wollte die Frau sich nicht mehr binden und lebt nun mit dem neuen Lebenspartner in wilder Ehe. Doch für ihren Hunger nach Leben bezahlt sie einen hohen Preis. Sie gilt als Schlampe und Flittchen. Sie meidet die Leute in ihrem Dorf Sychar. Wenn alle Leute in der Mittagshitze Palästinas Siesta halten, macht sie sich auf den Weg zum nahegelegenen Jakobsbrunnen. Sie will ihren Durst erneut stillen. Doch damit hat sie am allerwenigsten gerechnet.

Lesen des Textes Johannes 4, 4-14!

1. Wüste Aussichten

Als ich über die Frau nachdachte, kam ich zu dem Schluß: unsere Biographie ist sehr verschieden. Ich bin mit der einen Frau verheiratet, ich muß nicht zu ungünstigen sie wieder, diese uralte Sehnsucht. Dieses Angenommen sein ohne Bedingungen. Diese Wertschätzung, daß ein jüdischer Theologieprofessor einer verrufenen Frau das Gefühl gibt: du kannst mir helfen. Gib mir zu trinken. Er stellt sich nicht über sie. Sie scheint verwirrt. Sie muß es klären: "Warum bittest Du mich um Wasser. Weißt Du nicht, wer ich bin?"

Doch, der Herr Jesus weiß sehr wohl, wer sie ist und was sie alles auf dem Kerbholz hat. Er kennt auch mein Leben und das ihrige durch und durch. Er weiß um alles, was wir angestellt haben, um zu leben. All die Versuche, unsere berechtigten und die vielen unberechtigten Bedürfnisse zu stillen. Wie oft ging es da ohne Schuld nicht ab? Oh, doch. Der Herr kennt uns. Und unsere Sünden machen ihm zu schaffen. Sie machen ihn müde. Doch er wendet sich uns zu. Immer wieder neu sitzt oder steht er gerade an Orten, wo ich es am wenigsten vermute und bittet uns: gib mir das, was du mir geben kannst. Gib mir Dein Leben mit all den ungestillten Bedürfnissen. Du sollst es nicht bereuen.

3. Lebendiges Wasser in der Wüste

Jesus verurteilt den Durst nach Leben nicht. Ganz im Gegenteil. Er will ihn stillen. Doch wie? Nicht mit Geld nach dem Motto: wer wird Millionär. Nicht mit Sport und Fitneß, Diät und Reisen. All das ist schön und gut. Hat aber die unangenehme Eigenschaft, daß es nicht lange vorhält. Das alles macht eigentlich weder glücklich noch zufrieden. Was Jesus zu geben hat, nennt er "die Gabe Gottes" und "lebendiges Wasser". Es hat die Eigenschaft, daß man nur einmal davon nimmt, dann ist man gesättigt. Im guten Sinne. Und diese Gabe Gottes ist er selbst. Jesus selbst will uns alles sein. Er will durch seinen Heiligen Geist mit uns durch unser Leben gehen. Er will einmal in unser Leben treten und dann für immer bei uns bleiben. Er will uns stärken, trösten, unserem Leben eine Richtung und einen Sinn geben. Er will vergeben, was schief gelaufen ist und will uns einen neuen Anfang schenken. Aber über alledem will er diese letzte Barriere durchbrechen: den Tod. Denn wo der Tod mir keine Grenze mehr setzt, da stehe ich nicht mehr unter dem Zwang, alles erleben zu müssen. Wer das Höchste in seinem Leben gefunden hat, der kann ruhig und gefaßt der Zukunft entgegen sehen.

Wie aber empfange ich die Gabe Gottes? Jesus sagt es zu unserer Frau aus Sychar: wenn du wüßtest, wer ich bin, du würdest mich um diese Gabe bitten. Ich habe vor über zwanzig Jahren in einem kleinen Zimmer auf Knien diesen Herrn und Meister um seine Gabe gebeten. Ich habe sie empfangen. Müdigkeit, Krankheit und die Hitze des Lebens machen mir trotzdem zu schaffen. Aber sie sind nicht mehr das Zentrale in meinem Leben. Ich bin gefaßt und darf Gott vertrauen, daß er mein Leben einmal fließend übergehen läßt in jene neue Welt, von der ich schon jetzt träumen darf.

Schluß:

Sie hätten sicher gerne gewußt, was aus der Frau aus Sychar geworden ist. Sie können es selber life verfolgen im Johannesevangelium, Kapitel 4. Sie erlebt eine Lebensbeichte. Sie erfahrt, daß Jesus der Erlöser der Welt wird und ... und das ist für sie außergewöhnlich: sie läßt ihren Krug am Jakobsbrunnen liegen - den Krug, der doch zum Sinnbild wurde für ihre vergebliche Mühe nach Leben. Sie läßt ihn stehen, bei Jesus und --mischt sich unter die Leute. Sucht ihre Nähe. Hat plötzlich wieder Selbstwert. Kann sich in den Spiegel schauen. Denn ihre Schuld ist vergeben und bei Gott in guten Händen. Sie darf neu anfangen. Die Dorfbewohner sind sprichwörtlich aus dem Häuschen und verfolgen nun auch die Spur jener Quelle, von der die Frau gekostet hat.

Haben Sie schon von dem Wasser getrunken? Amen.

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