Bibelarbeit über Markus 4, 21-25

gehalten von Michael Strauch

 

Ein Wort zuvor:

 

Für mich besteht ein wichtiger Zugang zu Markus 4 in der Frage nach dem Sinn des Gebrauchs von Gleichnissen. Wir gehen – das nehme ich an – still davon aus, dass das Reich Gottes, da ein abstrakter Begriff, erklärt werden muss durch Vergleiche. Vergleiche aus dem Alltagsleben helfen, abstrakte theologische Wahrheiten zu verstehen und zugleich für den Alltag fruchtbar zu machen.

Nun aber durchkreuzt der Herr diesen Gedankengang durch seine Worte in den Versen 10-12. Wieder und wieder stoßen wir auf Geheimnisse Gottes und ich meine, wir tun gut daran, uns niemals in allen Einsichten festzulegen, sondern uns immer wieder zu fragen: wie ist was zu verstehen im Worte Gottes. Der Herr gebraucht also die Gleichnisse, dass die Menschen vordergründig alles nachvollziehen können. Na klar, das kennen sie gut. Die blöden Biester, die immer den Samen wegpicken, die vielen Steine in Palästina, die das Saatkorn zu früh spießen lassen, die elenden Dornen, Fluch Adams etc. Vielleicht versteht der ein oder andere auch, dass das alles Bilder sind. Aber wer wagt den dritten Schritt. Wer wagt es, sich vom Geist Gottes anfragen zu lassen, wie es um sein Herz bestellt ist. Und wer wagt noch mehr: wer zieht seine Konsequenzen aus dem Gehörten und Erkannten?

 

Wir fragen weiter: warum legt der Herr bewußt in Gleichnissen aus, wissend, dass die Menschen Schritt drei und vier nicht gehen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich kann nur vermuten, dass er eben die Herzensböden kennt. Dieser Gedanke ist schwer. Denn augenscheinlich sind viele Zuhörer gekommen. Ein Umstand, der in der modernen Gemeindearbeit oft und gern erwähnt wird und nicht selten als Indiz Gott gewollter Arbeit angeführt wird. Es sind viele da, sie alle hören zu, sie alle sehen. Aber keiner hört nach innen, keiner sieht etwas ein. Das ist eine Form des Gerichts. Bitten wollen wir den Herrn, dass wir stets hören, wie ein Jünger hört. Wo wir nicht wissen, ob wir blind und taub sind, da möchten wir Gott bitten, dass er uns sehende Augen und hörende Ohren schenkt und ein erneuertes Herz. Psalm 51 sollte täglich gebetet werden.

Licht und Mass - die Verse 21-25

 

Jesus stellt eine rhetorische Frage (V.21). Im Judentum war es üblich, dass man in der Auseinander-setzung und dem Erfassen eines Themas mit Fragen arbeitete. Bewußt nimmt der Herr einen Umstand, der antithetisch aufgebaut und darauf abzielt, dass die eine Handlungsweise logisch und völlig einsichtig, die andere absurd ist. Er nimmt eine Öllampe als Beispiel. Vielleicht hatte er sogar eine zur Hand. Ansonsten denkt jeder Zuhörer an den kommenden Abend (wo es eben keinen Strom gab). Wer noch etwas lesen, arbeiten oder sonst nochwas zu tun hatte, der zündete eben solch ein Öllämpchen an. Nun führt er einen Umstand an, den niemand ernsthaft tun würde: das Öllämpchen würde niemand unter einen Scheffel stellen. Da der Scheffel ein Hohlmass ist – z.B. ein Krug mit genau festgelegtem Fassungsvermögen – vermute ich, dass Jesus meint, niemand würde das Licht irgendwo hinstellen und dann den Krug nehmen und es über das Licht stellen. Es würde nichts erleuchten und somit auch ersticken (!). Unter der Bank würde es zwar nicht ersticken, aber es ist zweckentfremdet. Nein, es gab Halterungen, wo man auch mehrere Öllämpchen aufsetzen konnte und das Ganze hatte nur einen Sinn: Licht zu verbreiten! Das Dunkle zu bannen. Ohne Licht kann ein Auge nichts erkennen.

Jesus führt hier abermals ein Bild auf, wo jeder sagt: Stimmt, das würde niemand machen. Der, der so etwas macht, ist dumm. Aber dann führt der Herr etwas eigenartiges wieder auf. Wieder blitzen die Verse 10 -12 auf. Worte des Gerichts (V.22f): Alles wird einmal erleuchtet werden. Nichts wieder verborgen bleiben. Das setzt aber voraus, dass Dinge im Verborgenen geschahen. Versuchen wir nun, das Bild Jesu mit dieser Einsicht zu verknüpfen:

 

1.       Das Licht, das alles erhellt und allen leuchtet ist im ganzen Zusammenhang von Kapitel 4 das Wort Gottes. Aber nicht allein. Jesus bezeichnet sich ja selbst als das Licht der Welt. Und gehen wir noch weiter. Jesus spricht ja auch vom Feuer. Feuer und Öl sind Bilder für den Heiligen Geist. Nun wird`s deutlich: der Heilige Geist hat das Bestreben, zu erhellen. Nicht nur einen Menschen zu erhellen und zu erbauen, sondern allen, die im Hause sind. Was aber erhellt der Heilige Geist?

2.       Nun sind wir geneigt, schnell zu sagen: das Verständnis der Heiligen Schrift. Davon spricht der Herr hier aber nicht, auch nicht im ganzen Kapitel 4. Er spricht die ganze Zeit vom Herzen. Der Herr spricht in Lk 6,45 vom guten Herzen, das gute Früchte hervorbringt (Mk 4,8). Es geht also ums Herz. Wer den Geist Gottes hat, dem wird das Herz erhellt. Und es wird offenbart, was im Herzen ist. Und wer dies an sich zuläßt, wer also der Einsicht über sich selbst (!) demütig vor Gott Rechenschaft gibt und sich vergeben und ändern läßt, der wird gute Früchte tragen. Wer aber über allem den Deckel drückt, wer den Geist Gottes dämpft, wer ihn einengt und konzentriert nur auf die Erkenntnis theologischer Wahrheiten, der betrügt sich selbst. Denn den Samen Gottes (das Wort) kann man zwar ein Leben lang betrachten, letztendlich bleibt es wirkungslos, wenn es nicht auf guten Boden fällt.

 

Nun fügt der Herr alles zusammen: Sehen und Hören (V.24). Nun gebraucht der Herr zum Abschluss allerdings ein drittes Bild. Nun muss zum Sehen und Hören auch die Praxis kommen. Er nimmt vielleicht das Hohlmass, den Scheffel. Er ist nicht dazu da, dass man das Licht erstickt. Sondern er ist dazu da, um Früchte, Wasser etc. darin abzufüllen. Jesus sagt nun: wer ein großes Hohlmass nimmt, wer viel an sich zuläßt und vieles weitergibt aus dem guten Schatz seines Herzens, dem wird vom Herrn immer mehr geschenkt. Wer bereit ist, in immer größerem Masse Gottes Geist an sich wirken zu lassen und anderen zum Gewinn wird, der wird den Herrn immer mehr fassen. Wer hier egoistisch, geizig, kleinlich, unehrlich, berechnend und ruhmsüchtig arbeitet, der mag nachg außen hin Erfolg haben, aber immer weniger wirklich geistliche Frucht erbringen. Am Ende wird er mittellos sein, denn er hat sich selbst betrogen, der Einsicht sich verwehrt, die Helligkeit des Geistes erstickt (V.25).

 

Was heißt das nun praktisch für uns? Wie können wir damit umgehen?

 

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil vielerorts das, was man in früheren Jahrhunderten unter geistlichen Übungen verstand, mehr und mehr verloren geht. Wir können an dieser Stelle gewiss viel lernen von Luther, Augustinus und/oder den Exerzitien von Ignatius von Loyola.

 

1.       Was wir brauchen ist eine Kultur des Gebets. Das Gebet, dass nicht in erster Linie sich versteht durch das Machen vieler Worte, sondern des innigen, andächtigen Hörens auf Gott. Still werden, hören, meditieren über dem Wort Gottes. Auch über ein geistliches Kunstwerk. Oder einfach still hören.

2.       Den Geist bitten, uns zu zeigen, wo Schuld und Sünde in meinem Leben sind. Ich empfehle hier das Buch von Anselm Grün über das Gebet. Eines der kleinen Büchlein dieses Benediktiner-paters kann helfen. Das Ziel ist, Christus mehr zu erkennen und auch mich selbst. Wer bin ich? Wo stehe ich gerade?

3.       Weiter meine ich, dass Gebetszeiten, ja ganze Gebetstage wichtig sind. Ich kann im Ungehorsam leben vor Gott und die Bibel lesen. Aber ich kann schwer so leben und in dieser Weise beten.

4.       Danach ist es wichtig, über über ein Schriftwort zu predigen. In diesem Fall über Licht, Mass etc. Und immer die Frage: Herr, was steht für mich?